ila

Schutzgelderpressungen haben sie groß gemacht

Interview mit Alex Marinero und Mario Santos Guevara über Pandillas und Sicherheitspolitik in El Salvador

Der 30-jährige Alex Marinero geht in der Stadt Mejicanos, im Großraum von San Salvador, einem ziemlich anspruchsvollen Job nach: Er arbeitet mit „sozial gefährdeten“ Jugendlichen. In dem kleinsten der zentralamerikanischen Länder, das in den letzten Jahren so sehr unter dem Anstieg der Bandenkriminalität gelitten hat,  widmet er sich der mühsamen, aber auch so wichtigen Aufgabe der Prävention. Zusammen mit dem 44-jährigen Mario Santos Guevara von der Kleinbauernorganisation ACUDESBAL war er Ende 2016 Gastreferent der jährlichen Rundreise der El-Salvador-Solidarität. Die ila nutzte die Gelegenheit zu einem Gespräch.

Britt Weyde

Wie kann ein Pandillero, ein Mitglied einer Jugendbande, sozial und psychologisch charakterisiert werden?

A.M.: Mitglieder einer Pandilla sind vor allem Jugendliche aus den ärmeren Schichten. Sie sind meistens zwischen 15 und 25 Jahren alt, es gibt aber auch schon Kinder, die mit zehn oder zwölf Jahren diesen Weg einschlagen. Andere sind über 30, einige sogar über 50. Diese älteren Pandilleros haben Anfang der 90er-Jahre die Gangs gegründet. Viele von ihnen wurden aus den USA abgeschoben. Einige dieser Jugendlichen arbeiten nun auch für die Organisierte Kriminalität. In letzter Zeit tätowieren sie sich weniger, aus Sicherheitsgründen, um von gegnerischen Banden oder der Polizei nicht erkannt zu werden.

Diese Jugendlichen kommen aus schwierigen Familienverhältnissen. Viele Kinder in El Salvador wachsen bei alleinerziehenden Müttern oder ihren Großmüttern auf. Und die Eltern haben die Kontrolle über ihre Kinder verloren. Warum? Weil sie selbst noch Kinder waren, vielleicht 16 oder 17 Jahre alt, als sie Nachwuchs bekamen. Hinzu kommen Probleme wie Alkoholismus und Gewalt. Das treibt die Kinder auf die Straße. Sie werden psychologisch, aber auch erzieherisch vernachlässigt. Die Eltern kümmern sich nicht darum, ob ihre Kinder zur Schule gehen, ob sie ihre Hausaufgaben machen oder welche Noten sie haben.

Diese Jugendlichen sind ziemlich paranoid, sie haben sehr viel Angst, vor der Polizei und den gegnerischen Banden, vor allem wenn sie ihren gewöhnlichen Aktionsradius verlassen. Sie misstrauen allem und jedem. Gleichzeitig haben sie kaum Gewissensbisse im Hinblick auf das, was sie tun. Sie gehen mit immer mehr Hass vor. Mittlerweile reicht es nicht mehr aus, nur zu morden, auch die Art und Weise des Mordens wird immer wichtiger. Das ist sogar schon mit dem Vorgehen von islamistischen Terroristen verglichen worden! Ein Gnadenschuss allein reicht nicht, dem Gegner werden die Gliedmaßen abgetrennt, er wird vor dem Tod gefoltert, Körperteile des Ermordeten werden an verschiedenen Stellen in der Stadt platziert. Sie zeigen dabei so viel Hass und so wenig Reue.

Der Drogenkonsum der Pandilleros beschränkt sich auf Alkohol und Marihuana; dieser Konsum ist relativ kontrolliert, denn sie dürfen nicht ständig benebelt sein, das wäre zu gefährlich. Die meisten dieser Jugendlichen haben wenig Selbstbewusstsein, suchen nach Bestätigung und Zugehörigkeit. Von der Familie vernachlässigt, erfolglos in der Schule, mit vielen Problemen, weil sie Regeln verletzt haben. Die Jugendbande bietet ihnen das, was sie von niemandem sonst bekommen. Anfangs fühlt sich die Pandilla wie eine Familie an. Mit der Zeit merken sie, dass die Gewalt, nach außen, aber auch untereinander, sehr heftig ist. Wenn sie dann wieder da raus wollen, ist das sehr schwer.

Diese Jugendlichen sind ziemlich hedonistisch. Sie wollen den größtmöglichen Genuss mit der geringsten Anstrengung – Drogen, Sex, Geld, Macht. Jeder Mensch weiß: Wenn ich ein Handy kaufen möchte, muss ich arbeiten und Geld sparen, am Ende des Monats kann ich es mir dann vielleicht kaufen. Doch bei ihnen ist das anders. Wenn sie etwas sehen, das sie wollen, klauen sie es. Wenn sie 300 Dollar brauchen, überfallen sie jemanden oder klauen ein Auto und verkaufen es. Sie wollen alles jetzt, sofort. Wenn sie Frauen wollen, gehen sie in einen Club; da sie als Gangmitglied erkannt werden, geben ihnen die Clubbesitzer Drinks und bieten ihnen Frauen an. Schlimmstenfalls vergewaltigen sie eine Frau. Auf eine gewisse Art und Weise sind sie in ihrer Entwicklung stecken geblieben, sind wie kleine Kinder: sehr egoistisch, alles soll sich um sie selbst drehen. Sie haben eine sehr geringe Frustrationstoleranz. 

In El Salvador wurde im März 2012 der sogenannte „Waffenstillstand“ zwischen Regierung und Pandilleros geschlossen. Das führte vorübergehend zu einer niedrigeren Mordrate, aber auch zu einem völlig unbeabsichtigten Effekt: der Ausbreitung der Bandengewalt im ganzen Land. Mario, kannst du uns als Bewohner einer ländlichen Region davon erzählen?

M.S.G.: In El Salvador sind verschiedene Sicherheitspläne umgesetzt worden. Der erste war der Plan Mano Dura, der „Plan Harte Hand“, dann der Plan Super Mano Dura, also „Superharte Hand“, das war in den Jahren 2000 bis 2009. Dennoch stieg die Kriminalitätsrate weiter an. Diese Pläne funktionierten also nicht.

Präsident Mauricio Funes (Amtszeit 2009-2014, d. Red.) versuchte es dann anders, indem er mit den wichtigsten Bandenchefs verhandelte. So gab es Abmachungen mit der „MS 13“ und der „18“, den beiden großen Banden im Land, um einen Waffenstillstand durchzusetzen. Die Anführer der Banden wurden aus dem Hochsicherheitsgefängnis in normale Haftanstalten verlegt, wo sie dann mit anderen Bandenmitgliedern zusammen einsaßen. Ihre Haftbedingungen wurden erleichtert, besseres Essen, mehr Kommunikation, Besuche von Familienangehörigen und Partnerinnen, sie bekamen Kabelfernsehen und Internetzugang. Da sie relativ uneingeschränkt telefonieren konnten, war es ihnen möglich, die Clicas, die lokalen Gruppen im ganzen Land, zu steuern. Die meisten Morde, die in diesem Zeitraum geschahen, wurden aus dem Gefängnis heraus angeordnet, ebenso das Verschwindenlassen von Personen und Erpressungen. Da sie ab 2012 weniger verfolgt wurden, konnten sie die Kontrolle über das ganze Staatsterritorium erlangen. Seitdem erpressen sie die Bevölkerung und treiben „Schutzgelder“ ein. Bei dem, der eine Kuh hat, bei den kleinen Geschäften, bei dem, der ein Auto oder Felder hat, selbst bei dem, der nichts hat, mit dem es vielleicht nur einen Streit gegeben hat. Diese Situation betrifft wirklich alle.

Der Bevölkerung wurde langsam klar, dass der Waffenstillstand gar nicht so gut ist, und sie begann, diese Politik zu kritisieren. Auch die Mobilität im Land wurde erschwert. Wenn man von einer Region in eine andere fahren wollte, musste man an Kontrollpunkten vorbei und sich ausweisen. Und ganz in der Nähe von diesen Kontrollpunkten sah man sie rumstehen, Gruppen von zehn, zwanzig Männern, einige mit Gewehren, andere mit Pistolen.

Gleichzeitig konnten sich die Bandenchefs und die normalen Mitglieder in den Gefängnissen zusammensetzen und Pläne schmieden. Dort bildeten viele erst ihr Zugehörigkeitsgefühl und ihre Identität als Pandillero aus, die Bandenchefs wurden wichtiger und der Hass auf die gegnerischen Banden wuchs.

Wie hoch ist der Anteil der „Schutzgelder“, die die Bandenmitglieder abpressen?

M.S.G.: An einigen Orten verlangen sie fünf Dollar pro Woche, anderswo 50 oder 100 pro Monat, je nach Einkommen. Ein Busfahrer erzählte mir, dass sie 50 Dollar monatlich pro Bus verlangen würden. Bei 20 Bussen müsste dieses Unternehmen also 1000 Dollar im Monat bezahlen. Ich fragte, ob jemand das Geld abhole, und er sagte mir: Nein, wir haben eine Kontonummer, auf die wir das Geld einzahlen. Dem Geldeintreiber der Bande müssen wir den Beleg zeigen. Allein im Transportsektor werden schätzungsweise über 50 Millionen Dollar jährlich an Schutzgeldern eingetrieben.

Die Banken machen also mit?

M.S.G.: Korrekt. Es muss Hunderte solcher Konten gegeben haben, und zwar von beiden großen Pandillas. Der junge Busfahrer sagte mir: 50 Dollar monatlich pro Bus an die „MS 13“ und 80 Dollar an die „18“. Alle müssen an beide Seiten zahlen. Ein anderes Szenario: Ein Bandenmitglied braucht etwas. Er geht zu irgendjemandem und sagt: Ich brauche drei Shorts und zwei Hemden, besorg mir die bis zum Wochenende. So machen sie es mit allem, mit Schuhen, Zigaretten etc., das kommt also zu den Schutzgelderpressungen hinzu!

A.M.: In der Altstadt von San Salvador gibt es Hunderte von Ständen, die Obst, Gemüse, elektronisches Zeug aus China verkaufen. Alle HändlerInnen zahlen einen Dollar pro Tag an die Banden. Das mag nicht viel erscheinen für ein kleines Geschäft, das vielleicht 20 Dollar Gewinn erwirtschaftet. Aber all diese Stände zusammengerechnet – das ist ein gutes Geschäft! Mit diesen Schutzgelderpressungen sind die Pandillas groß geworden. Das ist ihre Haupteinnahmequelle, damit konnten sie Waffen kaufen. Und Drogen, um sie weiterzuverkaufen, allerdings nur in kleinen Mengen, nicht so wie die Kartelle. 

Bei dieser ungehinderten Ausbreitung der Banden stellt sich die Frage, inwiefern die Sicherheitskräfte, Armee und Zivile Nationalpolizei (PNC), darin verwickelt gewesen sind?

M.S.G.: Die Banden haben nicht nur Schulen infiltriert, sondern auch soziale Organisationen, sogar Stadtverwaltungen. Kürzlich hat die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen bei 15 Gemeindeabgeordneten und gegen einen Bürgermeister veranlasst. Die Pandillas haben politische Parteien infiltriert, Unternehmen und, ja, auch die Zivile Nationalpolizei und die Armee. Vor kurzem wurde vermeldet, dass bei einer Razzia 40 Bandenmitglieder festgesetzt wurden, unter ihnen war ein Polizist. Ein anderer Fall: Ein Mitarbeiter von dem Security-Unternehmen PPI, der für die Sicherheit eines Abgeordneten sorgen sollte, wurde neulich festgenommen, weil er ein Bandenmitglied war! Sie haben es geschafft, überall einzudringen, was gar nicht so einfach ist. Bei den Streitkräften verschwanden drei M-60-Maschinengewehre. Der Verteidigungsminister bestritt dies zwar, aber dann kam in einem Bericht der Staatsanwaltschaft heraus, dass sie zwei davon gefunden hatten, und zwar bei Bandenmitgliedern.

Des Weiteren erreichten sie, dass die Telefongesellschaften mit ihnen zusammenarbeiteten. Wenn ein Pandillero mit jemandem redete, konnte es passieren, dass er sagte, warte mal, ich verbinde dich mit dem und dem, wählte eine Nummer und direkt konnten drei miteinander reden, oder es wurden noch mehr dazu geschaltet. Das war ein ganzes Kommunikationsnetz! So etwas muss bewusst bereitgestellt werden, das ist kein normaler Dienst, den jeder einfach nutzen kann. Das ist genauso erstaunlich wie die Sache mit den Kontoüberweisungen.

Ab dem 1. April 2016 kam es zu einer anderen Politik, sogenannte „außerordentliche Maßnahmen“ wurden erlassen. Wie beurteilt ihr das?

A.M.: Am 3. März kam das Fass zum Überlaufen: ein Massaker, bei dem acht Mitarbeiter eines Elektrizitätsunternehmens und drei Tagelöhner umgebracht wurden. Die Parteien einigten sich auf eine geänderte Strategie. Heraus kamen die „außerordentlichen Sicherheitsmaßnahmen“. Unmittelbares Ergebnis war das Zurückgehen der Mordrate um 50 Prozent. Im Januar, Februar, März hatten wir noch 22 Morde täglich, das sank dann rapide auf elf, ab April. Diese Entwicklung hielt bis Oktober an, danach ist die Rate wieder leicht angestiegen. Ein weiterer Punkt dieser Maßnahmen ist die Einschränkung der Telekommunikation um mindestens 90 Prozent rund um die Haftanstalten, für die der Notstand ausgerufen worden war. Es war abzusehen, dass dies für eine Menge Unmut sorgen würde, aber die Regierung blieb hart gegenüber den Telefongesellschaften. Diese reagierten zunächst nicht, dann setzte die Regierung einen Stichtag fest, ab dem 800 000 Dollar Strafe pro Tag hätten gezahlt werden müssen. Bei solchen Summen gibt natürlich jeder nach. Das ist eine positive Auswirkung der „außerordentlichen Maßnahmen“.

Andererseits ist damit auch eine Militarisierung der Öffentlichkeit eingeleitet worden. Zwei Eliteeinheiten aus Mitgliedern von Armee und Polizei sind geschaffen worden, eine für städtische, die andere für ländliche Gegenden.

Was bedeutet das für die Bevölkerung – mehr Militär und Kontrollen, ein gesteigertes Sicherheits- oder Unsicherheitsgefühl?

A.M.: Wir sind an einen Punkt gelangt, der für die Entwicklung der letzten 30 Jahre steht: Wir haben uns an die Gewalt gewöhnt. Der Durchschnittsbürger El Salvadors geht davon aus, je mehr Militär auf der Straße ist, desto sicherer kann ich mich fühlen. Andererseits bekommen viele Jugendliche die Stärke der Polizei und des Militärs zu spüren: Wenn ein 17-Jähriger wie ein Pandillero aussieht, wird er sofort festgenommen, geschlagen und dann erst gefragt, woher er kommt.

Die aktuelle Regierung hat mit dem Plan El Salvador Seguro („Plan für ein sicheres El Salvador“) ein neues Programm zur Bekämpfung der Kriminalität und Unsicherheit aufgelegt. Was sind dabei die größten Herausforderungen?

A.M.: Dieser für El Salvador gänzlich neue Plan umfasst vier Elemente: Prävention, Repression, Resozialisierung sowie Betreuung der Opfer. Zuvor haben wir uns jahrelang ausschließlich mit dem Punkt „Repression“ beschäftigt. Nun wird auch Wert auf Prävention gelegt, auf die Arbeit mit Jugendlichen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Beim vierten Punkt, Unterstützung der Opfer, haben wir noch viel nachzuholen, die Rede ist von jährlich Zehntausenden von Opfern. Der Plan El Salvador Seguro ist teuer, er kostet zwei Milliarden Dollar – Geld, das die salvadorianische Regierung zurzeit nicht hat und das aus den Steuergeldern der Bevölkerung und der Unternehmen sowie aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit kommen müsste. Allerdings müssten die Unternehmen mehr besteuert werden, das geschieht aber nicht. Bei diesen Finanzierungsschwierigkeiten ist es ungewiss, ob die Regierung einen solch ehrgeizigen Plan umsetzen kann. Es gibt auch mächtige Interessen im Land, die gar keine Veränderung wollen. 

Der Punkt Resozialisierung ist sicherlich auch eine gigantische Aufgabe...

A.M.: Ja, und meiner Meinung nach gibt es zu wenig Mittel, um dies ernsthaft anzugehen. Die Polizei ist nicht da-rauf vorbereitet, mit Jugendlichen umzugehen, die sich im Wiedereingliederungsprozess befinden; die Gesellschaft im Allgemeinen hegt viele Ressentiments gegen die Bandenmitglieder, was sich angesichts des großen Schadens, den sie anrichten, leicht verstehen lässt. Auch die Banden selbst sind noch nicht bereit, wenn sich ein ehemaliges Mitglied abwendet, werden sie ihm diese Veränderung nicht zugestehen und ihn als Gegner wahrnehmen.
Ich bin der Auffassung, dass sich die Bedingungen von Staatsseite aus verändern sollten. Wenn der Staat nicht für entsprechende Bedingungen sorgt und aktive Unterstützung leistet, ist diese riesige Aufgabe nicht zu bewältigen.

M.S.G.: Es gibt auch Punkte, die dieser Plan alleine nicht lösen wird. Ich meine damit alles, was mit der moralischen Verpflichtung in El Salvador zu tun hat. Die jungen Leute müssten mehr Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten haben. Bei den Familien müsste mehr Bewusstsein geschaffen werden. Die ganze Gesellschaft muss in die Verantwortung genommen werden, denn das Problem betrifft ja auch alle. Schließlich gibt es strukturelle Probleme, die zwar politischen Willen zur Veränderung benötigen, gleichzeitig aber fundamentale Gerechtigkeitsfragen berühren. Wie kann es sein, dass eine kleine wirtschaftliche Elite den ganzen Reichtum besitzt und die große Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt?

Wie sieht die Arbeit mit ehemaligen Bandenmitgliedern aus? 

A.M.: Ich selbst hatte bei meiner Arbeit mit etwa 20 ehemaligen Pandilleros zu tun. Einige von ihnen arbeiten jetzt für ein Unternehmen in einer Maquila. Obwohl die Löhne dort zu niedrig sind, war ich beeindruckt von dem Umgang miteinander. Zuerst dachte ich, ein Unternehmen ist ein Unternehmen und lediglich gewinnorientiert. Aber sie bereiten die Jugendlichen gut vor und arbeiten auch mit anderen Organisationen zusammen. Diese Leute haben selbst beschlossen, die Bande zu verlassen, und begannen an sich zu arbeiten, menschlich, psychologisch, spirituell, fanden eine Arbeitsstelle. Resozialisierung besteht allerdings nicht nur aus einer Arbeitsstelle, das Ganze muss begleitet werden. Leute, die zehn, fünfzehn Jahre in einer Bande waren, werden nicht in zwei Jahren alles erlernen, was sie benötigen. Das ist eine erste Etappe. Wenn du dich danach nicht weiter um sie kümmerst, können sie rückfällig werden. Schließlich fällt es ihnen sehr schwer, sich an die sozialen Regeln zu halten, und ihre Frustrationstoleranz ist sehr gering.

Das Interview führte Britt Weyde am 30. November 2016 in Köln.