In der ila-Rubrik Kulturszene dreht sich fast alles um Literatur. Artikel zu anderen Kunstformen wie Theater, Tanz, Film, Video, Malerei, Skulptur, Fotografie und Musik haben nur sporadisch Eingang in unsere Zeitung gefunden. Zufall, nicht planendes Wollen, steckt hinter dieser Entwicklung. Irgendwer hat uns halt einen solchen Beitrag zugeschickt. Natürlich hat das auch etwas mit unserem Medium Zeitschrift zu tun. Literatur wird gelesen, ist demgemäß natürlicher Teil einer Zeitschrift. Film, Tanz oder Theater hingegen muß man anschauen und erleben, und Musik sollte man bekanntlich hören. Indessen veröffentlichen wir nicht nur literarische Texte, sondern schreiben auch über Literatur, wie wir auch über Musik, Theater, Film oder Ballett schreiben könnten – wenn wir es denn könnten. Gerne würden wir unsere Kulturberichterstattung etwas vielseitiger gestalten, leider aber haben wir in der Redaktion nicht die Leute mit der entsprechenden Kompetenz.

Aber wir bemühen uns. Nach unserem Kinoheft (ila 189) haben wir mit dieser Ausgabe einen weiteren Versuch gestartet, uns einer nicht-literarischen Kunstform anzunähern, der Musik. Wir haben dazu Leute, die auf unterschiedlichste Weise in Lateinamerika mit Musik bzw. in der BRD mit der Präsentation und Vermarktung lateinamerikanischer Musik zu tun haben, um Beiträge oder Interviews gebeten.

In einem einleitenden Essay setzt sich der Musikwissenschaftler, Schriftsteller und Musiker Julio Mendívil mit der neuen Begeisterung für „authentische Musik“ aus Afrika, Asien und Lateinamerika auseinander, die mit dem Etikett „World Music“ in den Metropolen erfolgreich vermarktet wird. Im zweiten Beitrag kommen in einem Interview Musiker zu Wort, die auf dieser Welle derzeit ganz oben schwimmen, die Afro Cuban All Stars. Ergänzt werden ihre Statements durch die Besprechung einiger neuerer CD’s mit cubanischer Musik. Auch die beiden darauffolgenden Beiträge sind Interviews. Zunächst eines mit Eduardo Llenares, der die kleine unabhängige Plattenfirma „Corason“ in Mexico-Stadt betreibt, die sich auf die Verbreitung regionaler Musik aus den verschiedenen Gegenden Mexicos und der Karibik spezialisiert hat. Im zweiten Gespräch beschreibt die peruanische Musikethnologin Chalena Vázquez die Bedeutung kollektiver kultureller Traditionen für die Entwicklung einer neuen Moderne, in der auch für die Platz ist, denen der globalisierte Neoliberalismus kein Recht auf kulturelle Selbstbehauptung und letztlich nicht einmal ein Recht auf physische Existenz zugesteht.

Obwohl musikalische Einflüsse und Beziehungen in der Regel nur zwischen den Metropolen und den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas gesehen werden, gibt es seit jeher auch musikalische Süd-Süd-Beziehungen auf nicht-metropolitaner Ebene. Wir wissen alle, daß große Teile der populären Musik Brasiliens, der Karibik und der USA ihre Wurzeln in Afrika haben. Nicht überall bekannt ist dagegen, daß auch die moderne afrikanische Musik in dauerndem Austausch mit den musikalischen Entwicklungen auf der anderen Seite des Atlantiks steht. Über eine solche musikalische Süd-Süd-Beziehung, die Musikszene in Ghana nämlich, hat Viola Walter einen Beitrag geschrieben.
Im letzten Teil des Schwerpunktes kommt schließlich einer zu Wort, der lateinamerikanische Musik in Deutschland promotet und vertreibt. Jan Ü. Krauthäuser, DJ und Mitinhaber des Yalla-World-Music-Shops in Köln. Britt Weyde und Julio Mendívil sprachen mit ihm über sein Verständnis von Weltmusik, die Auswahl seines Laden-Sortiments und die Bedürfnisse und Interessen des zahlenden Publikums.

Dies als erste Auseinandersetzung mit dem Thema Musik in der ila. Damit das aber keine Eintags- bzw. Einheftfliege bleibt und Beiträge zu Musikthemen regelmäßig in der ila erscheinen, brauchen wir Leute, die uns entsprechende Artikel/Interviews/Besprechungen schicken oder besorgen können. Wenn ihr also Lust habt, meldet euch einfach.