Vor genau 15 Jahren, im November 1976, erschien die erste ila, damals noch unter dem Namen ila-info. Bis zur Nummer 150 hat sich vieles verändert. Äußerlich professioneller, viel mehr Seiten, jede Ausgabe ein umfangreicher Schwerpunkt, neue Themen und Fragestellungen, Verlust alter Gewißheiten. Aber sicherlich hat diese Zeitung im Lauf der Jahre ein eigenes Gepräge entwickelt, auch haben wir so etwas wie eine gemeinsame Grundposition entwickelt, tun uns aber fürchterlich schwer, wenn wir diese formulieren sollen. „ila“, das war von Beginn an nicht nur Zeitschrift, sondern immer auch eine politische Gruppe, die unter anderem eine Zeitschrift herausgibt. Guten Journalismus wollen wir machen, vor allem aber mit unserem Heft politisch intervenieren.
Bei der Schwerpunktplanung versuchen wir insbesondere abzuklären, warum wir meinen, daß die angepeilten Themen zur Verarbeitung und Publikation besonders wichtig sind. Wir stellen uns Fragen wie: „Wem nützt das?“, „Wer arbeitet damit?“, „Wie wirkt die Veröffentlichung politisch?“, „Was können wir damit erreichen?“, „Welchen Einfluß üben wir damit aus?“ oder greifen Themen deswegen auf, weil sie gesellschaftlich sehr wichtig sind, aber viel zu wenig Öffentlichkeit haben. Zentrales Anliegen bei allem ist, inwieweit unsere Zeitschrift damit den noch immer zahlreichen Soligruppen für ihre Arbeit nützlich sein könnte. Schließlich gibt es auch Themen, zu denen wir etwas machen, weil wir einfach Lust und Spaß daran haben, so geschehen etwa bei unserer legendären „Fußballnummer“.
Wie gehen wir konkret vor? Bei unserem jährlichen ila-Wochenende im Herbst legen wir die Schwerpunktthemen für das kommende Jahr fest. Diese Jahresplanung ist natürlich vorläufig, da wir sie aus aktuellen Gründen immer wieder verändern bzw. zu bestimmten Themen, die wir eigentlich behandeln möchten, nicht genügend Material zusammenbekommen. Jedes Schwerpunktthema wird untergliedert in ein Paket von Unterfragen, die wir – wenn möglich – in Arbeitsgruppen herausarbeiten. Leider bildet sich bestenfalls für jede zweite Ausgabe eine solche Vorbereitungsgruppe. Wenn keine Gruppe zustande kommt, müssen die „Hauptamtlichen“ die Konzeption der Schwerpunkte übernehmen. Stehen die Einzelthemen fest, drängt die Frage, wer etwas dazu sagen bzw. schreiben kann. In der Regel sprechen wir dafür Leute aus Soligruppen an oder Leute, die sich wissenschaftlich mit einem Thema beschäftigen, oder JournalistInnen. Oder wir suchen nach Beiträgen aus internationalen, vorwiegend lateinamerikanischen Medien. In dieser Phase läuft unsere Telefonleitung heiß, werden hastig Anfragen verschickt und über einen befreundeten Satzbetrieb Faxe entgegengenommen.
Zehn Tage vor dem Lay-out beginnt das Texterfassen, soweit die Texte nicht auf Diskette eingetrudelt sind. Dann kommt das Korrigieren, Redigieren, Vorspänneschreiben und Überschriften „erfinden“. Am Donnerstag vor dem Lay-out-Wochenende gehen dann die gesammelten Texte zum Satz, um am nächsten Tag in Form eines Pappkartons voller Papierröllchen zurückzukommen. Am Samstag beginnt das Lay-out. Spätestens dann kommen unsere organisatorischen Defizite voll zur Wirkung, weil nämlich immer wieder viele kleine Dinge fehlen, die nicht rechtzeitig vorbereitet wurden. Kaum verwunderlich, daß es dann schon mal zu wütenden Vorwürfen und Schuldzuweisungen kommt. Die erste Wochenendkrise ist damit eingeläutet. Jetzt redet jede/r für eine Stunde nur noch mit sanftester Stimme, um die Spannung wieder abzubauen. Nach diesem Intermezzo ist die Arbeit wieder eingespielt, und es kommt zu einer Art heiterer Gelassenheit beim Zusammenfügen und Aufkleben der Artikel. Wir wühlen in riesigen Bilderbergen, Überschriften werden gekürzt, verworfen, geändert, Bildunterschriften aufgeschrieben und wieder vergessen. Vom Nachbarn oder der Nachbarin wird ein Urteil eingeholt, ob die Überschrift eher nach rechts oder eher nach links geklebt werden soll und schließlich blicken die LayouterInnen selbstzufrieden auf die fertigen Seiten. Abends kommt irgendwann ein Essen auf Rädern, und gegen 23 Uhr ist erstmal „Halbzeit“.
Sonntag gehört der Familie und am Montag drauf geht’s weiter. Wieder kleben, um 17 Uhr gehen die allerletzten Sachen zum Satz: Editorial, Inhaltsverzeichnis, manchmal ein allerletzter Beitrag sowie Bildunterschriften, einige Nachkorrekturen (bei weitem nicht alle Fehler werden gefunden und korrigiert), die Texte für’s Titelblatt usw. Zwischendrin ein „Großalarm“: auf einer der fertig aufgeklebten Textseiten fehlt eine Zeile. Niemand darf sich von der Stelle rühren. Fußboden und Abfallkörbe werden Schnipsel für Schnipsel durchsucht. Nichts! Wann werden wir die Zeile wieder gesetzt kriegen? Der Abgabetermin drängt und macht Druck. Und dann ein Juchzer, die Zeile ist wiedergefunden. Sie lag gut versteckt unter einer Kaffeetasse. Ach übrigens, haben wir schon ein Titelbild? Der Stress nimmt kaum noch erträgliche Größenordnungen an. Gegen Mitternacht – wenn die Arbeit gut gelaufen ist – oder gegen 3 Uhr morgens ist das Produkt dann endlich fürs erste fertig. Wir auch!
Die so entstandene „ila“ ist dann so gut wie „vergessen“, weil sofort die Arbeit für die Folgeausgabe auf Touren kommt. Nur noch der Versand etwa zehn Tage später erinnert an die vergangene Nummer. Rund 1700 Hefte müssen nach Zustellämtern der Post geordnet und verpackt, mit grünen Zetteln versehen, beschriftet und in Säcke gefüllt werden, und dann geht’s ab. Bis zum nächsten Mal – und das schon seit 15 Jahren...