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Gedichte über Folter

Buchbesprechung
Margrit Klingler-Clavijo

„Wenn der Tod sich nähert, nur ein Atemzug“ ist ein deutsch-portugiesischer Gedichtband zum Thema Folter während der brasilianischen Militärdiktatur (1964-85). Paulo César Fonteles und seine schwangere Ehefrau Hecilda wurden am 6. Oktober 1971 auf offener Straße verhaftet. Vorgeworfen wurde ihnen, Mitglieder der linken Untergrundorganisation Ação Popular zu sein, geheime Treffen organisiert und Flugblätter verteilt zu haben. Während der Inhaftierung kam es zu äußerst brutalen Folterungen. 

Wie die Foltersitzungen verliefen und welche Methoden zur Anwendung kamen, ist nachzulesen im Essay des Herausgebers und Übersetzers Steven Uhly. Wie aber wird ein junger Student und Gegner der Militärdiktatur zum Dichter? Wie unterscheiden sich seine Texte von denen eines Thiago de Mello, Pedro Tierra oder den Protestliedern von Chico Buarque de Hollanda, Gilberto Gil oder Caetano Veloso, die ebenfalls mit den Militärs in Konflikt gerieten und ins Exil gingen? Über zehn Jahre hat Fonteles nach seiner Haftentlassung am 6. Juni 1973 an diesen Gedichten gearbeitet und dabei eine überzeugende Sprache gefunden: nüchtern, direkt, kompromisslos. Dem darin evozierten Klima von Schmerz, Angst und Erniedrigung kann man sich unmöglich entziehen. 

Und genau durch diese schonungslose Direktheit unterscheidet sich Fonteles von den bereits genannten Dichtern und Musikern. Er arbeitet mit Klang und Rhythmus, mit suggestiven Wiederholungen, so dass die Gedichte bestens in eine Performance über Folter integriert werden könnten: Ein Raum, ein Gefangener, ein Folterer.

Man kann nur hoffen, dass diese Gedichte nach ihrer deutschsprachigen Erstveröffentlichung auch in Brasilien endlich gebührende Aufmerksamkeit finden werden.

Paulo César Fonteles de Lima, Wenn der Tod sich nähert, nur ein Atemzug. Übersetzung: Steven Uhly. Zweisprachig, Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2006, 160 Seiten, 22,80 Euro