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Feministische Slogans und ihre Geschichte

Auf einer Demo aus voller Kehle mit Tausenden anderen Slogans brüllen schweißt zusammen. Manchmal entstehen die Rufe aus der Hitze des Moments. Doch viele haben eine Geschichte, und manche eine Geschichte hinter der Geschichte. Unser ila Best-of. Viel Spaß beim Ausmalen!

 

Somos malas, podemos ser peores. Y si no te gusta, ¡te jodes, te jodes!

(Wir sind böse, und wir können noch böser sein. Wenn dir das nicht gefällt, fick dich, fick dich!)

…ist der Ruf, der am stärksten mit den mexikanischen Schwarzer-Block-Feministinnen assoziiert wird. Sie haben die in den 1980er-Jahren in Deutschland entstandene Antifa-Taktik des Schwarzen Blocks übernommen, einheitliche Kleidung dient dem Schutz vor Repression. In der bürgerlichen Öffentlichkeit werden sie als gewaltbereit gebrandmarkt.

 

Educación Sexual para decidir, anticonceptivos para no abortar, aborto legal para no morir

(Sexualerziehung, um zu entscheiden – Verhütungsmittel, um nicht abzutreiben – legale Abtreibung, um nicht zu sterben)

2005 einigten sich in Argentinien 70 feministische Organisationen auf eine Kampagne für das Recht auf legale, sichere und kostenlose Abtreibung. Ihre Symbole: grüne Halstücher und diese Parole. Ende 2020 wurde das Gesetz verabschiedet.

 

¡Saquen sus rosarios de nuestros ovarios, saquen su doctrina de nuestra vagina!

(Nehmt eure Rosenkränze aus unseren Eierstöcken, nehmt eure Doktrin aus unserer Vagina!)

Dieser Slogan entstand in den 1970er-Jahren in Kolumbien. Er kritisiert, wie der Staat die Politik mit religiösen Dogmen durchsetzt, um Abtreibung zu kriminalisieren. Noch heute hört man ihn auf jedem feministischen Marsch in Lateinamerika.

 

¡Las vidas de las mujeres negras importan!

(Die Leben Schwarzer Frauen sind wichtig!)

Rebellion und Organisation von Schwarzen Frauen gibt es in Lateinamerika seit Jahrhunderten. 1992 fand in der Dominikanischen Republik das erste Treffen Schwarzer Frauen in Lateinamerika und der Karibik statt. Seit gut zehn Jahren schwappt die US-amerikanische Black-Lives-Matter-Bewegung nach Lateinamerika über. Seitdem sieht man auf Demos die angepasste Variante. Sie zeigt: Es geht auch um die Schwarze Community in Lateinamerika. Es geht auch um Frauen.

 

¡La policía no me cuida, me cuidan mis amigas!

(Die Polizei passt nicht auf mich auf, auf mich passen meine Freundinnen auf!)

Dieser mexikanische Slogan prangert nicht nur die Angst und die Polizeigewalt an, denen Frauen ausgesetzt sind, sondern betont auch den Wert des gemeinsamen Kampfs und der Freundschaft unter Frauen. In einer zweiten Version des Rufs geht es um das gewaltsame Verschwindenlassen von Frauen: „Die Polizei sucht nicht nach mir, nach mir suchen meine Freundinnen.“

 

¡Ni una menos! ¡Ni una muerta más!

(Nicht eine weniger! Keine einzige Tote mehr!)

Selbst nicht-spanischsprachige Deutsche kennen diesen Slogan des lateinamerikanischen Kampfs gegen Femizide. Er geht auf die mexikanische Psychologin, Aktivistin und Schriftstellerin Susana Chávez Castillo zurück. Mit 36 Jahren wurde sie selbst zum Opfer eines Femizids. Drei Männer der Bande Los Aztecas ermordeten sie 2011 in ihrer Heimatstadt Ciudad Juárez.

 

Runa warmipurani hatarishunchik!

(Indigene Frauen, erheben wir uns!)

So ruft das ökofeministische Perkussions-Kollektiv „Wayunga Yachay“ auf Kichwa zum Protest auf. Indigene Frauen schreien den Slogan, während sie am 25. November, dem Internationalen Tag gegen sexistische Gewalt, trommelnd durch Quito marschieren. Sie prangern patriarchale Strukturen in ländlichen Gemeinschaften an: „Es reicht nicht, die Straßen einzunehmen, wir müssen auch die Felder einnehmen!“

 

El trabajo sexual es trabajo

(Sexarbeit ist Arbeit)

Hinter den simplen Spruch steckt einer der größten Streitpunkte der feministischen Geschichte. Die einen sehen in Prostitution die patriarchale Ausbeutung des weiblichen Körpers. Die anderen fordern, dass Sexarbeiter*innen die gleichen Arbeitsrechte zustehen sollen wie allen anderen. Sie fordern Legalität und das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung. Den Begriff „Sexarbeit“ hat die US-Amerikanerin Carol Leigh in den 1980er-Jahren geprägt. Heute steht er auf den Frontbannern bei Demos von Sexarbeiter*innen und „putas“ (Huren) des ganzen Kontinents.

 

Tu transfobia no es radical, ¡es patriarcal!

(Deine Transfeindlichkeit ist nicht radikal, sondern pa­triarchal!)

Radikalfeministinnen gehen davon aus, dass die biologische und soziale Kategorie der „Frau“ das Hauptsubjekt des Feminismus sein sollte. Sie werden dafür kritisiert, trans Frauen auszuschließen. Mit dem Slogan weisen Transfeminist*innen in Lateinamerika darauf hin, dass das patriarchale Strukturen stärkt.