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Peru in der Dauerkrise

Präsident Castillo bildet sein viertes Kabinett und steuert in konservative und neoliberale Gewässer

Am 8. Februar wurde in Peru das vierte Kabinett innerhalb von sieben Monaten vereidigt, nur eine Woche nach dem dritten, das nach wenigen Tagen unter dem Druck heftiger Proteste aus allen politischen Lagern zurückgezogen worden war. Die letzte Regierungsumbildung bedeutete nicht nur den Austausch einiger Köpfe, sondern eine politische Neuausrichtung. War vor allem im zweiten, bis Ende Januar amtierenden, Kabinett noch eine Reihe Linker vertreten, die einen konsequenten Reformkurs vertraten, stehen jetzt – mit Ausnahme eines feministischen Feigenblattes – nur noch Neoliberale und Konservative an der Spitze der Ministerien. Während die sich progressiv gebärdende autoritäre Klientelpartei Perú Libre ihren Einfluss ausbauen konnte, wurde die demokratische Linke, wie schon bei der Regierung von Ollanta Humala (2011-2016), nach weniger als einem Jahr aus der Regierung entfernt. Damals wie heute war das nicht nur Ausdruck der Macht der rechten Eliten, sondern auch der Distanz zwischen linken Parteien und sozialen Bewegungen geschuldet. Niemand ging auf die Straße, um die Linken in der Regierung zu verteidigen, ihr Kaltstellen wurde ergeben zur Kenntnis genommen.

Andreas Baumgart

Seit der Amtsübernahme Castillos sah die rechtsextreme und konservative Opposition ihre wichtigste Aufgabe darin, den Präsidenten zu stürzen und den „kommunistischen“ Spuk zu beenden. Die rechte Kongresspräsidentin Maricarmen Alva, die sich die herrische und diskriminierende Haltung ihrer Großgrundbesitzervorfahren bewahrt hat, führt die Hardliner an und hat bisher keine Mühen gescheut, die Macht des Kongresses durch Verfassungsänderungen zu erweitern und die des Präsidenten einzuschränken, Castillo zu diskreditieren und ihm das Regieren unmöglich zu machen. Die Abgeordneten der Ausschüsse verbringen den Großteil ihrer Zeit mit Herbeizitierung von Ministern, Ablehnung und Archivierung von Gesetzesinitiativen der Regierung, Verfassungsklagen und der Unterminierung des Wahlrechts. Noch immer tagt ein kostspieliger Ausschuss zur Untersuchung eines vermeintlichen Wahlbetrugs. Trotz allem hat diese destruktive Front Risse bekommen und Alva, die gerne selbst Präsidentin werden möchte, kann sich nicht mehr auf eine Mehrheit für die Absetzung Castillos verlassen.

Die politischen Kräftekonstellationen innerhalb der zersplitterten Opposition haben sich mittlerweile verschoben, und einige konservative bis rechtsextreme Parteien sind zu offener und verdeckter Kooperation mit Teilen der Regierungspartei Perú Libre und Castillos engstem Beraterkreis übergegangen. Es gibt einige gemeinsame Interessen, doch leider keine guten. Dazu später mehr.

Castillo und sein Umfeld haben sich auf einen „Waffenstillstand“ mit Teilen der rechten Opposition geeinigt, um nicht auf einen Kollaps oder Neuwahlen zuzusteuern und um der Bevölkerung gegenüber den Eindruck politisch verantwortlichen Handelns zu erwecken. Denn der zeitweilig leiser gewordene Ruf aus der Zivilgesellschaft „Que se vayan todos“ (alle – Politiker – sollen verschwinden) wird wieder lauter. Weil sowohl die Opposition als auch die Regierung die Straße, sprich eine neuerliche Protestbewegung wie im November 2020, fürchten, wird der Kongress nach einigem unvermeidlichen Geplänkel um einzelne Minister dem Kabinett bis auf weiteres am 8. März das Vertrauen aussprechen.

Zunächst möchte ich den Auslöser für die tiefe Krise, die Castillo gezwungen hat, binnen weniger Tage zwei Kabinette zu bilden, in einer kurzen Chronologie aufzeigen. Am 27. Januar 2022 veröffentlichte die Rechercheplattform IDL-Reporteros einen umfangreichen Bericht über die Machenschaften innerhalb der Polizei und deckte die Verbindungen der verdächtigen Offiziere in Kreise des direkten Beraterumfelds von Castillo, zu Politikern der Partei Perú Libre und zu Personen aus oppositionellen Kreisen auf. Sie alle vereint das Interesse, die gegen sie laufenden Korruptionsverfahren zu unterminieren und möglichst einstellen zu lassen. Gestärkt durch den Rückhalt des Präsidenten, widersetzte sich Polizeichef Gallardo den Anordnungen von Innenminister Guillén, bestimmte Versetzungen und Beförderungen zurückzunehmen. Am 28. Januar reichte Guillén, der als ehemaliger Oberstaatsanwalt in Peru großes Ansehen genießt und als nicht korrumpierbar gilt, seinen Rücktritt ein. Daraufhin griff Premierministerin Mirtha Vásquez ein, erklärte ihre Unterstützung für Guillén und forderte den Präsidenten auf, Guilléns Forderung, Gallardo und weitere Offiziere zu entlassen, nachzukommen. Das lehnte Castillo ab und bat Mirtha Vásquez stattdessem, Guillén von einer Versetzung ins Justizministerium zu überzeugen und der Ernennung des belasteten Chavarri zum Innenminister zuzustimmen. Dies brachte das Fass zum Überlaufen. Vásquez reichte kurz nach dem Gespräch am Montag, dem 31. Januar, ihren Rücktritt ein. Sie betonte in ihrem öffentlich gemachten Rücktrittsschreiben, dass ein „kritischer Moment“ erreicht sei. „Die Krise im Bereich des Innenministeriums ist nicht irgendein Problem, sondern Ausdruck eines strukturellen Problems der Korruption auf verschiedenen Ebenen des Staates, das uns seit geraumer Zeit trifft und dem wir nun entschlossen entgegentreten müssen.”

Am 1. Februar folgte ihr Carlos Jaico, Generalsekretär des Präsidenten. Er begründete seinen Rücktritt mit dem schädlichen Einfluss einer engen Gruppe von Beratern auf Castillo, die ein „Kabinett im Schatten“ bilden würden, welches die Regierbarkeit und Stabilität des Landes gefährde. Der bekannte Publizist César Hildebrandt nennt es die „dunkle Macht“. Jaico beklagt die Abwesenheit eines geregelten Arbeitssystems und eine Unordnung, die zu schweren Entscheidungsfehlern führen und Raum für Korruption schaffen könnte. In seinem Schreiben heißt es: „Der Mangel an Visionen und plötzliche Änderungen ohne Begründung sowie der Mangel an Koordination und Transparenz haben meine Amtszeit unhaltbar gemacht.“

Die zahlreichen Interviews von Guillén, Vásquez und Jaico gaben erstmals detaillierte Einblicke in die Arbeitsweise Castillos und von dessen Umfeld. Die Gruppe enger Berater, die er um sich geschart hat und der er offenbar blindlings vertraut, ist bei allen Sitzungen mit dabei. Treffen und Koordination mit Minister*innen und selbst seinem Generalsekretär gab es kaum, es sei denn in Anwesenheit der Berater. Einer von ihnen, Beder Camacho Gadea, wurde nun offiziell in das Amt des Generalsekretärs gehievt und mit ihm weitere aus dem Schatten heraus in das Präsidialsekretariat geholt. Castillo hält sich nicht gerne in Lima mit dem Regierungsgeschäft auf. Er reist lieber durch die Provinzen, um auf Kundgebungen, Begehungen und Einweihungen seine populistische Kampagne fortzusetzen, als befände er sich immer noch im Wahlkampf. Zuletzt sah man ihn mit strahlendem Lächeln in freundschaftlicher Umarmung mit Jair Bolsonaro.

Nach dem Rücktritt der Premier Vásquez musste Castillo reagieren und ein drittes Kabinett bilden. Zehn Regierungsmitglieder wurden ausgetauscht, darunter der weithin anerkannte Minister für Wirtschaft und Finanzen, Pedro Francke, und die fortschrittliche Frauenministerin Anahí Durand, beide von der linken Partei Nuevo Perú. Vom dritten zum vierten Kabinett erfolgten dann weitere Umbesetzungen. Die ohnehin geringe Anzahl von Frauen wurde noch einmal von fünf auf drei reduziert.

Pedro Francke wurde durch den neoliberal ausgerichteten Volkswirt Óscar Graham ersetzt, der sowohl im öffentlichen als auch privaten Sektor tätig war und schon mehreren Regierungen gedient hat. Er wurde auch in das vierte Kabinett übernommen und garantiert einen neoliberalen Wirtschaftskurs. An die Stelle von Anahí Durand trat zunächst die religiös-konservative Katy Ugarte Mamani von Perú Libre. Sie bezeichnet den Genderstandpunkt, den sie nur vom Hörensagen kenne, als eine „Verzerrung von Werten“. Kürzlich hat sie im Bündnis mit den konservativen und rechtsradikalen Kreisen der Opposition einen Gesetzesentwurf in die Wege geleitet, um alle auf Geschlechtergerechtigkeit zielenden Lehrinhalte aus den Grundschulbüchern zu verbannen. Ihre Ernennung führte zum Rücktritt aller Vizeministerinnen und hohen Funktionär*innen im Frauenressort. Katy Ugarte wurde aufgrund massiver Proteste der Frauenbewegung und mangels fachlicher Voraussetzungen nicht in das vierte Kabinett übernommen. Überraschenderweise wurde sie durch die bekannte Feministin, Autorin und langjährige Koordinatorin der Frauen-NRO „Flora Tristán“, Diana Miloslavich Túpac, ausgetauscht. Deren Ernennung löste zunächst mehr Befremdung als Freude bei Feministinnen aus. Wie soll das zusammengehen, ein Kabinett mit nur drei Frauen und einem größtenteils konservativen Machohaufen, darunter einige wegen häuslicher Gewalt vorbelastete Herren? Dennoch überwiegt vorerst die Erleichterung darüber, dass mit ihr vielleicht ein konservativer Rollback in Gender- und Bildungsfragen aufgehalten werden kann. Einige Feministinnen sehen in der widersprüchlichen Ernennung eher einen Ausdruck der herrschenden Gleichgültigkeit und Bedeutungslosigkeit von Frauen und Genderfragen im Umfeld des Präsidenten. Sollte Diana Miloslavich Túpac sich in ihrem neuen Amt als energische Kämpferin erweisen, wird sie vermutlich nicht lange geduldet werden.

Die zurückgetretene Premierministerin Mirtha Vásquez wurde zunächst durch Héctor Valer Pinto ersetzt, der aber schon nach sieben Tagen wieder Geschichte war. Politisch ursprünglich aus der früher sozialreformerischen, später konservativ-neoliberalen Traditionspartei APRA kommend, wanderte er erfolglos durch einige programmatisch unterschiedliche Parteien und landete schließlich auf einem aussichtsreichen Listenplatz bei der Partei Renovación Popular des Klerikalfaschisten López Aliaga. Kürzlich schloss er sich der neu gegründeten Fraktion Perú Democrático an. Diese wurde größtenteils durch abtrünnige Abgeordnete von Perú Libre unter der Führung des sich als orthodoxen Marxisten-Leninisten sehenden Guillermo Bermejo gegründet. Valer ist immer wieder durch seinen Hang zur Gewalttätigkeit aufgefallen. Wegen körperlicher Gewalt gegen seine Frau und Tochter wurde ermittelt. Steuerschuld, unbezahlte Mieten und Korruptionsvorwürfe runden das Bild ab. Während seiner APRA-Mitgliedschaft zu Zeiten der Regierung Alan Garcías versuchte er, in dessen Auftrag eine indigene Organisation aufzuziehen, um die Macht der legitimen indigenen Vertretung AIDESP zu brechen. Valer bezeichnet indigene Gemeinden als Großgrundbesitzer, die die Wirtschaft des Landes ausbremsen würden. Die kommunalen Ländereien sollten daher in individuelles Privateigentum überführt werden. Dies sei Priorität einer linken Politik, die er als Abgeordneter der Fraktion Perú Democrático umsetzen möchte. In seiner letzten skurrilen Pressekonferenz drohte er dem Parlament die Auflösung an, sollte seinem Kabinett im Kongress nicht das Vertrauen ausgesprochen werden. Der Mann war unhaltbar, und nach einem parteiübergreifenden Sturm der Empörung zimmerte Castillo das vierte Kabinett zusammen, das nicht minder durch Inkompetenz, Machismo und Korruptionsanfälligkeit geprägt ist.

Als neuer Premier wurde Aníbal Torres Vásquez ausgewählt, ein Anwalt, Unternehmer und Politiker, der wie Castillo aus Chota/Cajamarca stammt. Von der konservativen Partei Acción Popular kommend, wurde er der Rechtsanwalt Perú Libres und enger Vertrauter Castillos. Nach dessen Wahl gehörte er allen bisherigen Kabinetten als Justizminister an. Er gilt als autoritär und fällt immer wieder durch ungehobelte verbale Rundumschläge auf. Positiv kann vermerkt werden, dass er sich von Menschen, die sich für „rassisch“ und statusmäßig überlegen halten, nicht einschüchtern lässt. Bisher scheint er auch nicht korruptionsanfällig gewesen zu sein.

Er unterstützt die Absicht Castillos, die Armee zur Bekämpfung der Kriminalität einzusetzen. Dass das bisher überall, wo es praktiziert wurde, zu mehr Menschenrechtsverletzungen führte, Mexiko und Brasilien sind nur die bekanntesten Beispiele, lässt er nicht gelten. Menschenrechtsorganisationen, demokratische Linke und liberale Oppositionelle sind deshalb höchst besorgt.

Insgesamt bietet das neue Kabinett ein Bild fachlicher und personeller Defizite. Ein Gesundheitsminister, der als Arzt Heilwässerchen vertrieb und alle bisher erfolgreichen Corona-Maßnahmen am liebsten schon nächste Woche aufheben möchte; ein Kulturminister, der mit dem Kulturbetrieb bisher keinerlei Berührung hatte; ein Umweltminister, der von Ökologie und Erderwärmung nichts versteht; ein Innenminister, der wegen Amtsmissbrauch und illegalem Drogenhandel vorbelastet sein soll und die wohlwollende Brücke zwischen dem Inner Circle Castillos und den korrupten Führungskreisen in der Polizei schlagen soll; ein Landwirtschaftsminister, der vor allem den Agrarexport fördern möchte; ein Minister für Produktion, der für nationale und internationale Großkonzerne tätig war und mit privaten Wirtschaftssektoren bestens vernetzt ist; ein Minister für Energie und Bergbau, der auf Extraktivismus setzt.

Gegen fünf der von Perú Libre gestellten Minister laufen Ermittlungen, gegen zwei wegen Korruptionsverdachts, gegen zwei weitere wegen häuslicher Gewalt und gegen einen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Zulassung als Anwalt. Die aktuellen und vorhergegangenen Fehlbesetzungen belegen, bei wenigen Ausnahmen, dass Freundschaften, Parteizugehörigkeit und regionale Herkunft vor fachlicher Eignung und konsequentem Reformbestreben kommen.

Castillo hat die Krise genutzt, um sich der demokratischen Linken zu entledigen, die in den ersten beiden Kabinetten trotz aller Widrigkeiten eine konsequente Linie in Richtung Reformen eingehalten hatte. Damit standen sie Castillo, Perú Libre und den Teilen der reaktionären Opposition im Weg, die in wichtigen Bereichen Interessen teilen und im Kongress bei rückschrittlichen Gesetzesinitiativen zur Aufhebung bereits erzielter Fortschritte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Verkehr und anderen an einem Strang ziehen. Gerade erst haben Fuerza Popular>von Keiko Fujimori und Perú Libre im Verfassungsausschuss den Änderungen der Kronzeugenregelung zulasten der Ermittlungsbehörden zugestimmt. Sie verfolgen damit die Absicht, laufende oder anstehende Korruptionsverfahren gegen Keiko Fujimori, Vladimir Cerrón von Perú Libre und weitere Mitglieder dieser Parteien zu verhindern oder scheitern zu lassen.">

Perú Libre verfolgt eine Doppelstrategie: Einerseits inszeniert die Partei sich bei ihrer andinen Wählerschaft als einzige authentische linke und patriotische Kraft, die die Interessen des „Volkes“ vertrete. Dies geht damit einher, die modernen demokratischen Linken innerhalb der Regierung unablässig als „Kaviarlinke“ und „Volksverräter“ zu brandmarken. Andererseits verfolgt sie in ihrer Praxis die ökonomischen und machtpolitischen Interessen aufstrebender andiner Mittel- und Oberschichten, die mit linken Reformen nichts am Hut haben (eine interessante Parallele zur Regierungspartei MAS in Bolivien – die Red.). Klientelwirtschaft im Staatsapparat und die Nähe zu korrupten Interessengruppen und lukrativen informellen bis illegalen Sektoren kommen immer wieder zum Vorschein. Perú Libre ist nun die Linken von Nuevo Perú und der Frente Amplio losgeworden und kämpft weiter um mehr Einfluss bei Castillo.

Solange kein grundlegender Wandel in der extraktivistischen Ausrichtung Perus stattfindet und die Gewinne aus dem Export von Rohstoffen, agroindustriellen Erzeugnissen und nicht zuletzt dem Drogenhandel sprudeln, spielt es letztlich keine Rolle, wer im Parlament sitzt oder wer regiert. Peru hat innerhalb von fünf Jahren fünf Präsidenten und unzählige Kabinette erlebt, dazu Corona und dessen dramatische ökonomische Folgen für die ärmere Bevölkerung. Dennoch nimmt das Land inzwischen den ersten Platz im Ranking des Wirtschaftsdienstes Bloomberg für Lateinamerika und die Karibik ein. Perus Wirtschaft wird als solide und stabil eingestuft. Castillo verwies im Februar erneut auf das freundliche Investitionsklima für das private ausländische Kapital und rief zu mehr Investitionen im Land auf. Das Jahr 2021 hat, nach vorherigem kurzen Einbruch in der Pandemie, mit einem Wachstum von 13 Prozent abgeschlossen. Die privaten Investitionen stiegen um 34,5 Prozent.

Die Regierung Castillo war mit dem Versprechen auf grundlegende Reformen, einschließlich der wirtschaftlichen Stärkung des staatlichen Sektors, angetreten. Die Absichten sind verpufft oder haben sich als populistische Rhetorik erwiesen. Ohnehin hatte die Aussicht auf eine reformistische linke Politik keine nennenswerte unterstützende Mobilisierung der sozialen Bewegungen für Castillo ausgelöst.

Der Kampf dreht sich um eine Neuaufteilung der Pfründe zwischen den bisher marginalisierten Regionen und der Hauptstadt Lima einerseits und den mit den traditionellen Eliten Limas rivalisierenden aufstrebenden Mittel- und Oberschichten der andinen Provinzen andererseits. Ob dabei mehr zu den ärmeren Schichten durchsickert, darf bezweifelt werden. Die sozial-ökologischen Konflikte im Amazonas und den Anden werden sich fortsetzen und die Gegensätze von Reichtum und Armut weiter wachsen. Angesichts der ausgeprägten Schwäche der demokratischen Linken und der programmatisch inkonsequenten Politik sowie der Korruptionsanfälligkeit von Perú Libre besteht nun die Gefahr, dass sich viele ausgegrenzte und enttäuschte Menschen radikaleren und autoritären Gruppen wie den militaristischen, identitären Etnocaceristen, die eine „kupferne Rasse“ promoten, oder Nachfolgegruppen von Sendero Luminoso anschließen.

Die in diesem Artikel im Vordergrund stehende Kritik an der Regierung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die verschiedenen reaktionären und konservativen oppositionellen Parteien in einem desolateren Zustand befinden und in keiner Weise als Regierungsalternative eignen. Von ihnen wäre noch Schlimmeres zu befürchten.