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Honduras Revival?

Ein dubioses „Seminar“ der Friedrich-Naumann-Stiftung in Peru
Gert Eisenbürger

Viele an Mittelamerika Interessierte werden sich noch an die Rolle der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) beim parlamentarischen Putsch gegen den linksliberalen honduranischen Präsidenten Mel Zelaya 2009 erinnern. Damals rechtfertigte der FNS-Repräsentant in Honduras, Christian Lüth, noch am Tag des Staatsstreichs die Nacht-und-Nebel-Aktion gegen Zelaya. Es habe sich lediglich um ein „Amtsenthebungsverfahren“ wegen dessen Verfehlungen gehandelt. Zwei Wochen später, als die Sicherheitskräfte immer brachialer gegen Gegner*innen des Putschs vorgingen und fast täglich Todesopfer zu beklagen waren, erkannte der FNS-Mann eine Rückkehr zur „absoluten Normalität“ (vgl. Beitrag von Erika Harzer in der ila 402).

Nach dem Staatsstreich wurden Rechtsstaat und demokratische Institutionen in Honduras stetig demontiert, organisierte Kriminalität und Oligarchie agieren nach Gutdünken. Der bis Januar 2022 amtierende Präsident Juan Orlando Hernández ist seit dem 15. Februar in Haft, weil die USA seine Auslieferung wegen schwerster Verwicklungen in den Drogenhandel verlangen.

Christian Lüth, der FNS-Vertreter, der den Putsch 2009 so engagiert unterstützt hatte, ging 2013 zur AfD, zunächst als Koordinator für die Pressearbeit, ab 2017 als Pressesprecher der Bundestagsfraktion der rechtsextremen Partei. Selbst die feuerte ihn 2020 wegen menschenverachtender Äußerungen über Migrant*innen, die durch einen Bericht in der Wochenzeitung „Die Zeit“ bekannt geworden waren.

Man sollte meinen, die FDP habe aus dem Desaster in Honduras gelernt. Doch das scheint nicht der Fall zu sein. Peruanische Medien berichteten am 11. Februar 2022 und an den Folgetagen, das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung in Lima habe am 9. Februar ein Treffen rechter und rechtsextremer peruanischer Oppositionspolitiker*innen im Restaurant Casa Andina in Lima unterstützt und finanziert. Dabei sei es darum gegangen, wie der im Juni 2021 gewählte Staatspräsident Pedro Castillo aus dem Amt entfernt werden könnte, ohne dass Neuwahlen angesetzt werden müssten. Denn die wollen rechte Parlamentarier*innen keinesfalls, weil sie dabei ihre Sitze verlieren könnten und es durchaus wahrscheinlich wäre, dass die/der Kandidat*in der Rechten wie schon bei den letzten drei Wahlen in der Stichwahl unterliegen würde. Eine rechte Präsidentin gäbe es aber, wenn das Abgeordnetenhaus einen Vorwand fände, den Amtsinhaber abzusetzen. Dann würde das Amt verfassungsgemäß der ultrakonservativen Parlamentspräsidentin Maricarmen Alva zufallen (vgl. Beitrag von Andreas Baumgart in dieser ila). Zwar hat Peru wie die meisten lateinamerikanischen Länder ein Präsidialsystem mit einem direkt gewählten Staatsoberhaupt, aber das Parlament hat weitreichende Möglichkeiten, den Wählerwillen umzukehren und einen Präsidenten oder eine Präsidentin aufgrund von Konstrukten wie „moralische Unfähigkeit“ abzusetzen.

Da ein solcher parlamentarischer Coup gegen den populären liberalen Präsidenten Martín Vizcarra im November 2020 eine breite Protestbewegung ausgelöst hatte, ist er für die Rechte keineswegs ohne Risiko und muss entsprechend vorbereitet werden. Dem diente das von der FNS unterstützte „Seminar“ am 9. Februar.

Pikant war, dass daran neben der Möchtegernpräsidentin Maricarmen Alva und Abgeordneten der kleineren rechten Parlamentsfraktionen auch Vertreter*innen der Partei Fuerza Popular von Keiko Fujimori teilnahmen, die Pedro Castillo bei der Stichwahl um das Präsidentenamt im Juni 2021 unterlegen war. Pikant gleich aus mehreren Gründen: Fuerza Popular bezieht sich ausdrücklich auf den Vater von Keiko Fujimori, Ex-Diktator Alberto Fujimori, der wegen Menschenrechtsverletzungen in seiner Regierungszeit eine langjährigen Haftstrafe verbüßt. Fuerza Popular ist also alles andere als eine demokratische Partei. Pikant ist ihre Teilnahme aber nicht nur wegen ihrer ultrarechten Orientierung, sondern auch aus einem anderen Grund, worauf die Infostelle Peru in einem Brief an die Friedrich-Naumann-Stiftung am 17. Februar hinwies: „Der Leiter der FNS in Peru, Jörg Dehnert, ist verheiratet mit Bertha María Carillo. Sie war im Wahlkampfteam von Keiko Fujimori und Direktorin der Gruppe Asociación de Contribuyentes del Perú, die die Webseite Piensa.pe betreibt und unter anderem Falschmeldungen über den angeblichen Wahlbetrug bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen verbreitet.“1 Das erklärt auch, warum die FNS im Mai 2021 zwei Veranstaltungen zur Unterstützung von Keiko Fujimori finanzierte.2

Konnte man in Honduras noch zugunsten der FNS annehmen, dass die Unterstützung eines De-facto-Staatsstreiches der Initiative eines einzelnen rechten Büroleiters entsprang, sind nach den jüngsten Berichten aus Peru doch erhebliche Zweifel angebracht.

In dem erwähnten Brief der Infostelle Peru vom 17. Februar fordert diese u.a., dass „die zuständigen öffentlichen Stellen die Verwendung von Steuergeldern für das oben beschriebene ‚Seminar‘ überprüfen“ und dass der Büroleiter der FNS in Peru zurücktritt, weil sein Verhalten gegen den Auftrag politischer Stiftungen verstoße. Dem ist nichts hinzuzufügen.