ila

Aktiver Putschunterstützer in Honduras

Von der Naumann-Stiftung zur AfD: die „Karriere“ des Christian Lüth

Am 8. Januar 2017 empört sich Christian Lüth in seinem Twitter über den von CDU Generalsekretär Tauber ausgesprochenen AfD-FDP Vergleich auf seine Art: Frechheit @petertauber Volkspartei mit Wahlverlierern, Kleinstparteien zu vergleichen! #CDU vergleicht #FDP mit #AfD. Lüth ist Pressesprecher der AfD, wenn auch nicht für Frauke Petry, die sich von ihm nicht in der Öffentlichkeit vertreten sehen will. Und Lüth hatte, bevor er zum Sprachrohr der AfD wurde, eben diesen Wahlverlierern, der FDP, gedient. Zunächst war er ab 2006 Büroleiter des Abgeordneten Hoyer. Dann begann 2008 seine Auslandsmission. Er wurde Leiter des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in Honduras, exakt in einer Zeit, in der in Honduras die noch in den Kinderschuhen steckende Demokratie mal eben ausgehebelt wurde.

Erika Harzer

Ende Juni 2009 verschleppten Militärs den gewählten honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya in einer Nacht- und Nebelaktion außer Landes. Unmittelbar danach setzte das Parlament den Liberalen Micheletti als De-facto-Präsidenten ein.

Schon am Tag des Putsches schrieb Lüth als Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung „Für die Freiheit“ seine Einschätzung zur politischen Lage in diesem mittelamerikanischen Land. Dieses zweiseitige Pamphlet, einen „Bericht aus aktuellem Anlass“, titelte er mit „Die Legende vom Militärputsch in Honduras dient vor allem ‚Mel‘ Zelaya“. Lüths These vom „Amtsenthebungsverfahren“ wegen der Verfehlungen Zelayas, das seiner Ansicht nach verfassungskonform stattgefunden habe, wurde in einigen konservativen Medien Deutschlands wiedergegeben. Fleißig verfasste Lüth mehrere solcher Berichte „aus aktuellem Anlass“, in denen er der Gruppe um den De-facto-Präsidenten Roberto Micheletti eine moralische Legitimität zu bescheinigen suchte. Einen Tag nach dem Putsch ließ er seine LeserInnen wissen, er befürchte, „dass er [Mel Zelaya] versuchen wird, mit Hilfe von nicaraguanischen Truppen und im südlichen Nachbarland stationierten venezolanischen Truppen die Macht in Honduras wiederzuerlangen“. Diese „Befürchtung“ hatte wenig mit einer tatsächlichen Gefahr zu tun, passte aber gut ins Bild der Stimmungsmache gegen Zelaya, den seine politischen GegnerInnen nach dessen Beitritt zum ALBA-Bündnis nur noch als Abhängigen am Tropfe von Chávez sahen.

Rund zwei Wochen nach dem Putsch wollte Lüth denn auch dem Land wieder eine Rückkehr zur „absoluten Normalität“ bescheinigen, eine Zustandsbeschreibung, die von der im Land vorherrschenden Realität meilenweit entfernt lag. Doch die Berichte nach Deutschland reichen Lüth nicht. Auf der Meinungsseite der honduranischen Tageszeitung El Heraldo schreibt er hin und wieder Kommentare. Am 10. März 2010 schimpft er dort über die Doppelzüngigkeit der honduranischen Widerstandsbewegung. „Während die Widerstandsbewegung in Honduras alles dafür tut, das Land zu spalten durch die Nichtanerkennung der neuen Regierung, reisen deren Vertreter durch die Welt und reden von ihren Fähigkeiten zur Vereinigung.“ Die Widerstandsbewegung sei nicht bereit zur notwendigen nationalen Aussöhnung und „sucht das Land auf Kosten der Ärmsten des Landes zu spalten.“ Lüth geht dabei soweit, zwei honduranische MenschenrechtsaktivistInnen, Bertha Oliva und Jesús Garza, namentlich zu denunzieren. „Statt sich dem Plan zur nationalen Aussöhnung unterzuordnen, reisen ihre Repräsentanten wie Garza und Oliva durch die Welt und kritisieren die Regierung, sie agiere mit Doppelmoral.“ Lüth schiebt ihnen die Verantwortung für den Riss durch die honduranische Gesellschaft zu, ja, nach Lüth sind sie es, „die das ethische Verbrechen begehen, das sie Präsident Pepe Lobo vorwerfen“. Soweit Lüths öffentliche Einmischung in die honduranische Politik nach dem Putsch.

Nach diesem Auslandseinsatz, bei dem Lüth schon einmal unter Beweis stellen konnte, zu welch abenteuerlicher Presseinformation er sich befähigt sieht, fand er im September 2011 eine neue Aufgabe innerhalb des Entwicklungshilfeministeriums unter Minister Dirk Niebel. Schließlich war Lüth zu diesem Zeitpunkt FDP-Kader. Damit erfüllte er in der Ägide Niebel eine wichtige Voraussetzung für die Besetzung eines Postens im Entwicklungshilfeministerium. „Koordinator in der Abteilung Asien/Lateinamerika; Grundsatzfragen und Organisation der bilateralen EZ“, so lautete die neue Herausforderung für Lüth. Da der Etat des Ministeriums allerdings bereits ausgeschöpft war, erhielt Lüth für diese Koordinationsstelle zunächst einen Vertrag mit der GIZ. Gedacht war dieses Konstrukt als Überbrückungsmodell, das allerdings bereits vor dem angestrebten Überbrückungsende hinfällig wurde, da Lüth das Ministerium Ende 2011 verließ. Die Gründe wurden öffentlich nicht benannt.

Lüth wurde danach wieder Büroleiter, dieses Mal beim FDP-Abgeordneten Hans-Werner Ehrenberg. Doch dann kam die für die FDP katastrophal verhängnisvolle Bundestagswahl 2013. Mit nur 4,8 Prozent flog die FDP aus dem Bundestag, der Anfang vom Ende der politischen Karriere des Christian Lüth innerhalb der FDP. Die wenigen zu verteilenden Posten innerhalb der Parteistrukturen fielen an andere, prominentere Parteimitglieder. Lüth verlor seine Anstellung, Zukunft zunächst ungewiss.

Allerdings nicht lange, denn es gab ja die AfD. Und schon im November 2013 war er wieder angeheuert als Koordinator für Pressearbeit in der AfD, eine Aufgabe, die ihn anzog und ihm auch einen steilen innerparteilichen Aufstieg bot. Schon im März 2014 wurde er zum Pressesprecher, nach dem überraschenden Rücktritt von Dagmar Metzger. Doch ganz ungebrochen ist seine AfD-Karriere nicht, denn seit Sommer 2016 lässt sich Frauke Petry nicht mehr von ihm vertreten. Lüth spricht öffentlich nur noch für die anderen Vorstandskollegen und natürlich auch für sich.

Seine Fähigkeiten, politisch Einfluss zu nehmen durch wiederholtes Hinauspauken von vermeintlichen Wahrheiten, hat er bereits in seiner Zeit bei der Friedrich-Naumann-Stiftung in Honduras bewiesen. Als Pressesprecher der AfD bedient Lüth heute mit Kurzstatements auf Twitter seine Klientel. Meist verpackt in populistisch daherkommende Ansagen, in denen vielfach mit vermeintlich „offenen Grenzen“ Angst geschürt wird, weil die ja für alles, was irgendwie mit zu verurteilenden Verbrechen zu tun hat, die Schuld tragen. Oder es ist die „tendenziöse Berichterstattung“, gerne auch bei AfD-Aufmärschen oder -Versammlungen als „Lügenpresse“ bezeichnet, der Schuldzuweisungen angeklebt werden. Gemeint ist dabei die Berichterstattung, die nicht unbedingt den AfD-typischen Schwarz-weiß-Zeichnungen der politischen Landschaft folgt und daher auch keinen Rundfunkbeitrag verdiene. So die tweets und retweets bei Herrn Lüth.