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Gleichzeitig Opfer und Täter

Interview mit Ronald Köpke über Kleinbergbau in Lateinamerika

In den meisten Beiträgen dieses ila-Schwerpunktes ist von den negativen Folgen des Bergbaus für Menschen und Umwelt in Lateinamerika die Rede. Es gibt aber auch viele Leute, die vom Bergbau leben. Von Europa aus denkt man dabei vor allem an die Bergarbeiter, die in den großen Minen beschäftigt sind. In Ländern wie Bolivien, Chile oder Peru bildeten sie lange Zeit das Rückgrat der Gewerkschaftsbewegung. Weit mehr Menschen arbeiten in Lateinamerika aber im so genannten Kleinbergbau, fördern Gold und andere Metalle, bauen Kohle oder Ton ab oder graben nach Edelsteinen – nach Schätzungen drei bis vier Millionen Menschen. Diese Menschen stellen den informellen Sektor des Bergbaus. Wie in anderen Sektoren der Parallelökonomie gibt es auch im Kleinbergbau zahlreiche Probleme und Konflikte. Darüber sprachen wir mit dem Soziologen Ronald Köpke, der mit der „Association for Responsible Mining“ (ARM) zusammenarbeitet, einem internationalen Netzwerk von NRO, Bergleuten und ihren sozialen Organisationen.

Gert Eisenbürger

Zunächst einmal: Was versteht man unter Kleinbergbau?

Kleinbergbau ist ein arbeitsintensiver Bergbau, wo Leute selbstständig, alleine oder mit Hilfe von Familienangehörigen und Minenarbeitern Bodenschätze fördern, entweder indem sie Stollen und Tunnel graben oder als Goldwäscher – und diese auch im ersten Schritt selber verarbeiten. Demgegenüber steht der Großbergbau, wo in der Regel multinationale Unternehmen mit moderner Technik und vergleichsweise wenigen Beschäftigten Rohstoffe abbauen, meistens im Tagebau. Die Großunternehmen explorieren weltweit Rohstoffvorkommen und sichern sich Konzessionen, deren Ausbeutung überwiegend erst Jahre oder Jahrzehnte später in Angriff genommen wird.

Kleinbergbautreibende sind häufig Invasoren, die erfahren haben, dass es irgendwo Vorkommen von Gold oder anderen Edelmetallen gibt, und sich dorthin aufmachen in der Hoffnung auf Wohlstand. Viele dieser Eindringlinge kommen aus der Landwirtschaft bzw. arbeiten noch auf ihrer Parzelle in den Herkunftsregionen. 

Rund 90 Prozent der Kleinbergbautreibenden arbeiten derzeit illegal, das heißt, sie haben keine Schürfrechte oder Landtitel, die ihnen die Ausbeutung von Mineralien an der Oberfläche ermöglichen würde. Ob man sie gewähren lässt, hängt normalerweise davon ab, ob sich Großunternehmen für die Vorkommen interessieren und in den entsprechenden Gebieten Konzessionen besitzen oder erwerben möchten. Wenn dem so ist, werden die Kleinbergbautreibenden mit Hilfe von Polizei, Militär oder auch durch paramilitärische Gruppen vertrieben.

Wenn es keine Interessen von Großunternehmen an den betreffenden Regionen gibt, haben staatliche Stellen in der Regel kein gesteigertes Bedürfnis, gegen Kleinbergleute vorzugehen. Sie sichern schließlich das Überleben ihrer Familien und reduzieren dadurch den sozialen Druck in der Gesellschaft. Häufig kommen die Kleinbergbautreibenden auch an Orte, wo vorher Großunternehmen tätig waren, die Minen aber wegen zu geringer Erträge irgendwann aufgegeben haben. Es kann aber durchaus sein, dass die Konzerne stillgelegte Bergwerke wieder reaktivieren, wenn es sich bei hohen Rohstoffpreisen lohnt, auch Vorkommen mit geringen Erzanteilen auszubeuten. Das ist aktuell zum Beispiel auch beim Goldbergbau der Fall. 

Bei Tätigkeiten der Überlebensökonomie, die nicht legal sind, sei es Prostitution, sei es Kinderarbeit, sei es Handel mit Raubkopien, erpressen Polizei und Behörden häufig Schmiergelder dafür, dass sie nicht hinsehen. Das kommt im Kleinbergbau natürlich auch vor. In verschiedenen Regionen gibt es Netzwerke und mafiöse Strukturen, wo das sicher eine Rolle spielt.

Was wird im Kleinbergbau vor allem gefördert?

Neben Gold, Silber und Platin auch viele andere Mineralien und Kohle. In Lateinamerika spielen auch Edelsteine eine gewisse Rolle, z.B. Smaragde in Kolumbien. In Bolivien haben sich nach der Auflösung der staatlichen Minengesellschaft COMIBOL Kooperativen von ehemals angestellten Bergleuten gebildet, die auf eigene Rechnung Zinn, Zink, Silber und Blei fördern. Dieser Kleinbergbau ist meistens legal, die Kooperativen erwerben Schürfrechte und beschäftigen auch angestellte Minenarbeiter, aber alles unter sehr prekären Bedingungen.

Am lukrativsten ist in Lateinamerika derzeit natürlich Gold, weil dessen Preis in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Während die Preise vieler Bergbauprodukte wegen der Krise gesunken sind, geht der Goldpreis weiter hoch, Mitte September wurde der Preis für eine Feinunze Gold am Londoner Markt mit über 1000 US-Dollar notiert. (Eine Feinunze entspricht 31,10 Gramm Gold, wobei der Goldgehalt mit 99,99 Prozent kalkuliert wird. An diesem Standard orientieren sich die Preise, wobei das Äquivalent, das Kleinbergleute in der Regel bekommen, unter 80 Prozent liegen dürfte, dabei ist dann noch ein niedriger Reinheitsgrad zu beachten – d.Red.)

Wie viele Leute arbeiten im Kleinbergbau?

Wegen der Illegalität, in der viele arbeiten, gibt es natürlich keine genauen Zahlen. Es wird geschätzt, dass weltweit zwischen 15 und 30 Millionen Leute im Kleinbergbau für Gold beschäftigt sind, in Lateinamerika dürften es etwa drei bis vier Millionen sein.

Warum ist nur ein relativ kleiner Teil der im Kleinbergbau Tätigen legalisiert?

Teilweise sind die Schürfrechte und Konzessionen schon vergeben bzw. die staatlichen Behörden wollen sie großen Unternehmen übertragen. Viele Kleinbergbautreibende wollen sich aber auch nicht legalisieren lassen, weil das Geld kostet und sie sich nicht um den ganzen bürokratischen Kram kümmern wollen. Manche kommen nur für ein paar Wochen irgendwohin, graben und gehen dann wieder. Das Interesse, sich irgendwo festzusetzen und zu legalisieren, haben diese Leute gar nicht. Wenn sie legalisiert sind, sind sie natürlich unter staatlicher Kontrolle und müssen Abgaben und Mehrwertsteuer bezahlen, die übrigens die multinationalen Minengesellschaften häufig nicht abführen müssen, weil sie Steuerbefreiungen genießen oder ihre Bilanzen entsprechend frisieren.

Welche Vorteile bringt dann eine Legalisierung überhaupt?

Diejenigen, die dauerhaft im Kleinbergbau arbeiten, wollen sich ein Stück weit absichern und auch organisieren. Der Idealfall ist, dass sich die auf eigene Rechnung arbeitenden Bergleute mit einer Organisation eine Art Dach schaffen. Das können Genossenschaften sein wie in Bolivien oder Aktiengesellschaften in eher neoliberal durchstrukturierten Ländern wie Kolumbien oder Peru. Da hat jeder Socio einen Anteil an dem Unternehmen. Die Socios können dann auch wiederum Arbeiter beschäftigen. Das setzt neben der Legalisierung aber auch voraus, dass es eine staatliche Förderung für solche Genossenschaften oder Unternehmen gibt, damit sie z. B. an Kredite für den Kauf von Maschinen oder Werkzeugen kommen und Exportlizenzen erhalten. Dann können sie sich bspw. auch im Fair Trade-Sektor zertifizieren lassen und damit Zugang zu den entsprechenden Märkten bekommen.

Wie läuft der Vermarktungsprozess, etwa von Gold, unter den Bedingungen der Illegalität?

Nur ein sehr kleiner Teil des Erzes, das Kleinbergleute abbauen, hat einen nennenswerten Goldanteil. Das Erz wird dann in der Regel zu Hause angereichert, meist durch Amalgamierung (Quecksilber). In den peruanischen Anden wird goldhaltiges Gestein gemahlen und in einer Quecksilberbrühe mit einem großen Stein mit Druck zerkleinert. Das Quecksilber löst das Gold. Auch mit solchen einfachen Techniken kann bereits ein relativ hoher Goldgehalt erlangt werden. Dieser Teil der Ausbeute ist sozusagen Cash und dient der Subsistenz. Beim direkten Weiterverkauf werden die illegalen Bergleute allerdings oft von lokalen Händlern betrogen. 

Der weitaus größere Teil des abgebauten Erzes hat nur einen geringen Goldanteil. Aufgrund des hohen Goldpreises lohnt sich dennoch der Abbau. Er geht in lokale Verarbeitungsanlagen. Die Bergleute erhalten nur dann einen akzeptablen Preis, wenn sie den Prozess selbst kontrollieren, also in kooperativen Strukturen.

Die Ausbeute solcher Anlagen, die z.T. mit Zyanid arbeiten wird an Händler verkauft. Beide Verfahren (Quecksilber und Zyanid) sind extrem umweltschädigend. Bei Regengüssen wird Quecksilber in die Flüsse gespült und verseucht Trinkwasser und Böden. Zyanid ist gefährlich für die Bergleute, zersetzt sich aber, da es kein chemisches Element ist. Beide Verfahren verursachen Abwasserprobleme.

Du sagtest eben, die Goldsucher kommen als Invasoren. Sie sind also meistens nicht ursprünglich in der entsprechenden Region heimisch. Wie und wo leben diese Leute?

Sie leben in klassischen Goldgräbersiedlungen, die man sich teilweise durchaus noch so vorstellen kann, wie sie Jack London in seinen Büchern über den Goldrausch in Kalifornien beschrieben hat: prekäre Siedlungen, in denen überwiegend Männer leben, wo Gewalt, Alkohol und Prostitution zum Alltag gehören. Dort sitzen auch die Händler in kleinen Bretterbuden, ausgestattet manchmal nur mit einer Waage. Oft stehen in diesen Buden auch kleine Schmelzöfen, wo sie das Quecksilber aus den Nuggets herausschmelzen. Das ist die größte Ökosauerei, weil das verdampfende Quecksilber extrem gesundheitsschädlich ist.

Wenn die Männer sich längerfristig irgendwo festsetzen, kommen die Familien nach, wobei das Leben in den Siedlungen für Frauen und Kinder extrem schwierig ist. Quecksilberdämpfe schädigen schwangere Frauen und Kinder besonders stark. In Projekten, die organisiert sind und wo die Kleinbergleute die Verarbeitungsprozesse kontrollieren, gibt es weniger Probleme, dort haben auch Frauen eine bessere Position.

Betreiben auch Frauen Kleinbergbau?

Unter Tage so gut wie nicht. Das hat auch kulturelle Hintergründe. Zumindest in Peru, Ecuador und Kolumbien ist das unmöglich. Die Männer behaupten, es brächte Unglück, wenn Frauen in die Minen gingen, weil die Pachamama, die Mutter Erde, oder der Tio, der Bergteufel, es nicht wollten. In Bolivien – so habe ich gehört – soll es einige wenige Frauen unter Tage geben.

Was Frauen dagegen machen, ist, den Abraum außerhalb der Minen nach verwertbaren Brocken zu durchsuchen. Sie werden Payacheras (Peru), Yancheras (Ecuador) oder Pailliris (Bolivien) genannt. Hier ist der Goldanteil natürlich deutlich niedriger. Bei den Kooperativen in Bolivien sind es oft die Witwen der in den Minen tödlich verunglückten Bergleute, die den Abraum ausbeuten dürfen, um damit sich und ihre Kinder zu ernähren. In Peru sind Payacheras organisiert und stellen auch soziale Forderungen sowie solche zur Verbesserung der Umwelt und der Erziehung ihrer Kinder.

Wie fördern die Kleinbergleute das goldhaltige Gestein in den Stollen oder Tunneln? Hauen sie es mit einfachen Werkzeugen aus dem Fels oder sprengen sie es mit Dynamit?

Das ist unterschiedlich. Normalerweise muss man legal sein, um Dynamit zu bekommen. Es gibt zwar für alles immer einen Schwarzmarkt, aber das ist schon sehr schwierig. Viele Goldsucher arbeiten mit Presslufthämmern, die sie entweder zu mehreren kaufen oder sich gegen Geld leihen. In Kolumbien in Nariño mitten im Kriegsgebiet ist es besonders heikel, an Dynamit zu kommen. Die Armee hat ein Monopol, verbietet Dynamit aus militärischen Gründen oder verkauft es selbst zu überhöhten Preisen weiter. 

Wir haben über den Tunnelbergbau gesprochen. Es gibt aber doch auch Goldsucher, die Gold aus dem Schlamm der Flüsse waschen?

Normalerweise ist der Tunnelbergbau schon typisch für die heutigen Goldsucher in Lateinamerika. Natürlich enthalten überall dort, wo es im Gestein Goldvorkommen gibt, auch die Flussschlämme Gold. Aber Goldwäscherei wird eigentlich überwiegend neben Landwirtschaft betrieben, weil die Ausbeute verglichen mit Tunnelbergbau relativ gering ist. Es lohnt sich nur dann, wenn man es als Nebenerwerb betreibt. Viele Mitglieder von Afrogemeinden im kolumbianischen Chocó waschen neben ihren landwirtschaftlichen Tätigkeiten Gold in den Flüssen. Dies dürfen sie dann legal machen, wenn der Fluss durch das Land ihrer Gemeinschaften fließt. Die Verfassung erlaubt überirdisches Waschen. Graben dürfen sie dagegen nicht, weil alles, was unter der Oberfläche ist, dem Staat gehört.

Da die Flüsse ihr Bett immer mal wieder gewechselt haben, sind auch die Böden der Uferlandschaften und Auen goldhaltig. Deshalb kommen inzwischen in Kolumbien mit Baggern ausgestattete Goldsucher, die mit den Paramilitärs zusammenarbeiten, in den Chocó. Sie graben teilweise mit Baggern die Uferlandschaften auf und waschen mit Quecksilber das Gold aus der Erde. Dafür zahlen sie den Afrogemeinschaften normalerweise kleine Beträge. Allerdings haben die Gemeinschaften kaum Möglichkeiten, entsprechende Angebote auszuschlagen, weil die professionellen Goldsucher schnell zur Gewalt greifen, wenn man sich ihnen in den Weg stellt. Der Paramilitarismus ist also auch ein Gehilfe der Umweltzerstörung.

Wenn Kleinbergbautreibende als Invasoren in bestimmte Regionen kommen, um z.B. Gold zu schürfen, sind Konflikte mit der lokalen Bevölkerung, die dort Landwirtschaft oder Fischfang betreibt, vorprogrammiert. Du erwähntest gerade den kolumbianischen Chocó. Auch aus Brasilien gab es in den letzten Jahren immer wieder Berichte über gewalttätige Konfrontationen zwischen Goldsuchern und Indios. Sind solche Konflikte die Regel?

Diese Konflikte gibt es fast überall und es gibt bei kritischen Leuten und Nichtregierungsorganisationen eine Diskussion darüber, inwieweit Kleinbergbau und kleinbäuerliche Landwirtschaft überhaupt nebeneinander existieren können. Wie schon gesagt, kommen sehr viele der Kleinbergleute selbst aus der Landwirtschaft, die aber nicht ertragreich genug ist, um das Überleben zu sichern. Sie sind deshalb gezwungen, nach weiteren Erwerbsquellen zu suchen, am Anfang oft ohne jegliche Kenntnisse. Aber das ändert nichts daran, dass sie in Konflikt mit den lokalen Bauern und Bäuerinnen geraten. 

Ein Beispiel ist die peruanische Provinz Piura, eine Wüstenregion, wo es eine ertragreiche Bewässerungslandwirtschaft gibt. Unter anderem bauen dort kleine ProduzentInnen Mangos und Zitrusfrüchte für den Export an. Dort wollte ein kanadisches Bergbauunternehmen Gold fördern. Dagegen gab es massiven Widerstand aus der Bevölkerung, die eine Verseuchung der Bäche und Flüsse und damit ihrer Felder durch Quecksilber und Zyanid befürchteten. Deswegen wurde das Projekt einer Goldmine erstmal auf Eis gelegt. Da sich aber rumgesprochen hat, dass dort Goldvorkommen liegen, gab es eine Invasion von Kleinbergleuten, die nun da graben und unkontrolliert mit Quecksilber und Zyanid Gold auswaschen. Das führt natürlich zur direkten Konfrontation mit den FrüchteproduzentInnen.

Kleinbergbautreibende sind häufig gleichzeitig Opfer und Täter, Opfer ungerechter Strukturen und elender Lebensbedingungen, deenn sie entkommen wollen, und Täter, weil sie durch ihre Schürferei, die Lebensbedingungen anderer Unterprivilegierter gefährden oder zerstören.

Die Frage ist, wie will man solche Konflikte regulieren? Lässt man die Leute in der Illegalität und begegnet ihnen mit Repression, oder versucht man, den Kleinbergbau zu formalisieren und Strukturen zu schaffen, in denen alle überleben können? In Peru gibt es einige Projekte, wo sich Goldsucher angesiedelt haben. Diese Kleinbergbautreibende haben sich legalisiert, haben ein Unternehmen gegründet, das die Verarbeitung organisiert, und bauen auch eine Infrastruktur für ihre Gemeinden auf, wie Trinkwasserversorgung oder Schulen. Ähnliche Beispiele gibt es in Ecuador und Bolivien. Wenn sich diese von Kleinbergleuten gegründeten Unternehmen oder Genossenschaften verpflichten, bei der Goldgewinnung den Einsatz von Quecksilber und Zyanid zu reduzieren und zu kontrollieren, können sie sich künftig für den fairen Handel zertifizieren lassen und erhalten einen höheren Goldpreis. Projekte wie diese ermöglichen überhaupt erst, dass die Goldsucher und ihre Unternehmen das technische Wissen erwerben, um die Prozesse zu kontrollieren und die Umweltbelastungen zu minimieren.

Natürlich sind damit die ökologischen Probleme nicht gelöst, aber solange die Strukturen in Lateinamerika so sind, wie sie heute sind, wird es Phänomene wie Kleinbergbau oder – um ein anderes Beispiel zu nennen – Kinderarbeit geben. Man kann dies verdammen, man kann aber auch versuchen, die Situation für alle Beteiligte zu verbessern oder zumindest erträglich zu machen. 

Das ist sicher schwer zu beziffern, aber kannst du vielleicht eine ungefähre Idee davon vermitteln, welche Einkommen Kleinbergbautreibende, z.B. Goldsucher, erzielen können?

Die Spannbreite ist extrem groß. Ich kenne in Ecuador eine legalisierte Organisation, in der sich drei oder vier Socios einen Pickup (Kleinlastwagen) anschaffen konnten, dann noch einen zweiten. Andere stellen mit der Zeit zehn Arbeiter ein. Das heißt, bei erfolgreichem und legalisiertem Tunnelbergbau können im Maßstab der jeweiligen Länder recht hohe Einkommen erzielt werden.

Dagegen bringt die Goldwäscherei im Chocó sehr wenig ein. Die Familien ernähren sich von den Lebensmitteln, die sie selber anbauen. Die Goldwäscherei ist ein Zubrot, das ihnen etwas Geld bringt, um in der Stadt ein paar Dinge wie Kleidung oder einfache Konsumgüter, zum Beispiel einen Ghettoblaster, kaufen zu können. Das heißt, es gibt riesige Unterschiede, weshalb man keine generellen Aussagen darüber machen kann, was im Kleinbergbau verdient wird. Darin zu arbeiten ist für Leute auf dem Land aber sicherlich profitabler als sich ein paar weitere Hühner anzuschaffen.

Das Gespräch führte Gert Eisenbürger.