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Fortschritte und Rückschritte

Impressionen vom Weltsozialforum in Nairobi

Zwischen 60 000 und 70 000 Menschen nahmen Ende Januar am 7. Weltsozialforum in Kenias Hauptstadt Nairobi teil. Seit Jahren war kritisiert worden, dass aus ökonomischen Gründen kaum AfrikanerInnen zu den Weltsozialforen anreisen konnten. Wie in vielen anderen Bereichen würde Afrika auch von den globalisierungskritischen Debatten weitgehend abgehängt. Deshalb wurde seit längerem angestrebt, dass das WSF 2007 in Afrika stattfinden sollte. Da nur wenige afrikanische Staaten über die Infrastruktur für ein solches Megaevent verfügen, kristallisierte sich bald Kenias Metropole als Veranstaltungsort heraus.

Gert Eisenbürger

Die Durchführung des ersten Weltsozialforums in Afrika brachte ganz neue Fragestellungen, Ansätze und Herausforderungen an die Organisation und in die Diskussion. Massenquartiere in Sporthallen oder Schulen, Privatquartiere oder Zeltlager, wo das Gros der TeilnehmerInnen in Porto Alegre untergekommen war, standen kaum zur Verfügung, so dass die meisten EuropäerInnen, AsiatInnen, Nord- und SüdamerikanerInnen ebenso wie die angereisten AfrikanerInnen in den Mittelklasse- und Luxushotels Nairobis logierten. Die Entfernung zwischen diesen und den Elendsquartieren der Stadt, aus denen viele kenianische TeilnehmerInnen kamen, war nicht nur geografisch enorm.

In Nairobi selbst war vom Weltsozialforum wenig zu merken. Es gab fast keine Veranstaltungen in der Stadt, alles spielte sich in dem nach dem kenianischen Ex-Diktator Moi benannten Sportkomplex ab, einer 30 Auto- bzw. Busminuten außerhalb des Zentrums gelegenen Anlage mit Stadion, Wettkampfhalle und weiteren Sportstätten. Die Zuschauerränge der Fußballarena hatte man durch Styroporwände unterteilt, so dass auf verschiedenen Ebenen gut 70 ansteigende Veranstaltungsräume mit Blick auf den grünen Rasen entstanden waren. Dazu hatte man im angrenzenden Leichtathletikbereich mehrere Großzelte aufgebaut, die nach ermordeten afrikanischen FreiheitskämpferInnen wie Amilcar Cabral, Thomas Sankara, Ruth First oder Chris Hani benannt waren.

Ein umstrittenes Politikum war die Essensversorgung der TeilnehmerInnen. Das kenianische Organisationskomitee hatte exklusive Restaurants und Hotels mit dem Catering beauftragt, weil nur sie, so die Argumentation, über die notwendige Infrastruktur verfügten. Diese Lieferanten boten in Zelten überwiegend europäisches Essen zu europäischen Preisen an. Vier bis sechs Euro waren für die meisten TeilnehmerInen aus den Industrieländern kein Problem, für die meisten AfrikanerInnen, sofern sie nicht NRO-MitarbeiterInnen waren, aber schlicht unbezahlbar. Wer die Essenszelte belieferte, erfuhren die TeilnehmerInnen des WSF erst durch eine Aktion am vorletzten Tag. Gruppen aus den Slums von Nairobi hatten erfahren, dass zu den Lieferanten auch das Windsor-Hotel gehörte. Dieses ist im Besitz des kenianischen Ministers für innere Sicherheit, der als oberster Polizeichef für zahlreiche Polizeiübergriffe, besonders in den Armenvierteln Nairobis, sowie Razzien in Tageszeitungsbüros und Radios verantwortlich gemacht wird. Darauf organisierten einige Leute aus den Slums eine Enteignungsaktion. Eine Gruppe von Erwachsenen und Kindern umstellten das Zelt und baten die Leute, die da gerade aßen, höflich, doch zu gehen. Daraufhin setzten sich die Kinder auf die freien Plätze und verlangten kostenloses Essen. Polizei und Angestellte standen zunächst unsicher herum, diskutierten heftig mit ForumsteilnehmerInnen. Angesichts der geballten internationalen und medialen Präsenz räumten die Sicherheitskräfte das Zelt nicht, und die Angestellten teilten das Essen an die Kinder aus, die so zu ihrer ersten warmen Mahlzeit des Tages kamen. Jenseits dieser gelungenen Aktion kam harsche Kritik am Vorbereitungskomitee auf. Wie es denn angehen könne, dass die teuren Restaurants, noch dazu solche, die Regierungsmitgliedern gehören, auf dem Weltsozialforum ihren Profit machen könnten? Natürlich wäre es komplizierter gewesen, die Essensversorgung über kleine Garküchen und Kooperativen zu organisieren, wie es im indischen Mumbai zwei Jahre zuvor oder auch beim afrikanischen Regionalforum in Bamako/Mali im letzten Jahr bestens funktioniert hatte. Aber es wäre allemal sozialer gewesen, als damit die Hotels der kenianischen Oligarchie zu beauftragen.

Das Programmangebot der selbstorganisierten Seminare und Panels war einmal mehr gigantisch. Stärker als bei früheren Foren, wo die Folgen von neoliberaler Globalisierung im Mittelpunkt standen, nahmen diesmal Veranstaltungen zu Fragen der Grundsicherung mit Ernährung, Wohnung und Gesundheitsversorgung sowie zum Thema Aids einen breiten Raum bei den Veranstaltungen und den Informationsständen auf dem Forumsgelände ein, was zweifellos der sozialen Realität in Afrika geschuldet war. Natürlich gab es darüber hinaus das gewohnt breite Spektrum an Themen, an denen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen arbeiten, angefangen von Gender, über die weltweiten Kriege und Konflikte, Umweltzerstörung und Klimaveränderungen, deren Auswirkungen besonders in Afrika katastrophale Folgen haben könnten, bis zur Organisierung von Schwulen und Lesben. Vor allem das letztgenannte Thema hat in Afrika eine besondere Brisanz. In vielen Staaten des Kontinents ist Homosexualität als „unafrikanisch“ verboten, werden Schwule und Lesben verfolgt und können sich höchstens klandestin organisieren. Für viele afrikanische Queers bot das WSF die erste Gelegenheit, offen aufzutreten, über ihre Situation angesichts der Repression und Feindseligkeiten zu reden und sich mit KollegInnen aus anderen Ländern auszutauschen. 

Zum politischen Schwerpunktthema des diesjährigen Forums wurde die Afrikapolitik der EU, konkret die Economic Partnership Agreements (EPAs), die den Ende dieses Jahres auslaufenden Kooperationsvertrag zwischen der EU und ihren ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik, den sogenannten AKP-Staaten ersetzen sollen. Die EPAs, die derzeit verhandelt werden, sehen vor, dass die EU kein neues Abkommen mit allen AKP-Staaten abschließt, sondern sechs einzelne Abkommen mit den Staaten der Karibik, des Pazifik und vier Regionalblöcken in Afrika. Die Staaten und Regionen werden so in Konkurrenz zueinander gesetzt, um sie zu größtmöglichen Konzessionen an die europäischen Konzerne zu zwingen. Sollten sich die westafrikanischen Staaten etwa weigern, den schwimmenden Fischfabriken aus Spanien und Irland den Fischfang in ihren Hoheitsgewässern zu gestatten, weil das die Lebensgrundlagen Hunderttausender von KüstenfischerInnen zerstört, dann kann die EU damit drohen, bestimmten Agrarprodukten aus Westafrika den bevorzugten Zugang zum EU-Markt zu verweigern, weil diese Produkte auch im südlichen und östlichen Afrika angebaut werden. Für viele afrikanische Staaten würden die EPAs eine deutliche Verschlechterung ihrer Handelsbeziehungen zur EU bringen und bäuerliche Existenzen im großen Stil bedrohen. Bei verschiedenen Veranstaltungen zu diesem Thema entstand die Idee zu einer Spontandemo vor der EU-Vertretung in Nairobi. Etwa tausend DemonstrantInnen zogen zur EU-Repräsentanz. Eine Delegation überreichte dem sichtlich nervösen EU-Botschafter eine Protestresolution und auch über Megaphone und Sprechchöre wurden die Forderungen der DemonstrantInnen artikuliert: Aussetzung der EPA-Verhandlungen, kein Ausspielen der AKP-Staaten gegeneinander durch die EU-Verhandlungsmacht.

Nicht nur beim Thema EPAs standen die EU-Staaten im Zentrum der Kritik auf dem Weltsozialforum. Dies empfand ich als einen erfreulichen Unterschied zu den Foren in Porto Alegre, wo das teilweise penetrante US-Bashing samt der dümmlichen Rituale wie der Verbrennung von US-Fahnen den Blick dafür verstellte, dass Europas Konzerne und ihre Regierungen mindestens im gleichen Umfang wie ihre US-KollegInnen an der Ausplünderung des Südens beteiligt sind. Die AfrikanerInnen haben ihre noch jungen Erfahrungen mit dem europäischen Kolonialismus und erleben dauernd, dass europäisches Militär in Afrika interveniert und dort so manche menschenverachtende Diktatur stützt, wie etwa Belgien und Frankreich seinerzeit das Völkermordregime in Ruanda.

Ärger gibt es beim Weltsozialforum immer dann, wenn prominente Politiker reden. Eigentlich schließen die Statuten des WSF die Teilnahme von Parteien und Politikern ohnehin aus. Dem Sebstverständnis nach repräsentiert das WSF die Zivilgesellschaft, also alle Gruppen, die sich jenseits staatlicher Strukturen organisieren. Dabei ist die Zauberformel von der Zivilgesellschaft eine recht schwammige Angelegenheit, umfasst sie doch so unterschiedliche AkteurInnen wie soziale Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften oder Unternehmerverbände – mit naturgemäß sehr unterschiedlicher Nähe oder Ferne zu staatlichen Stellen. Jedenfalls möchten viele TeilnehmerInnen keine Auftritte von Politikern auf den Weltsozialforen, während deren organisierte Anhängerschaft immer wieder versucht, genau das zu organisieren und dabei so merkwürdige Formelkompromisse gefunden werden wie, dass Lula oder Chávez zwar vor Zehntausenden von Leuten redeten, dies aber „außerhalb des offiziellen Programms“ passierte.

Waren bei den Foren in Lateinamerika die Auftritte besagter Politiker im Amt derartige Ärgernisse, sorgte in Nairobi eine Rede des früheren sambischen Präsidenten Kenneth Kaunda bei der Eröffnungsveranstaltung für Unmut, vor allem bei europäischen TeilnehmerInnen. Wie es denn angehen könne, dass ein Ex-Dikator bei einem Weltsozialforum sein politisches Süppchen koche. Kaunda war vor allem in den letzten Jahren seiner 27-jährigen Regierung ein Autokrat mit deutlich repressiven Zügen. Seine relative Popularität in Afrika erklärt sich daraus, dass er einer der letzten noch lebenden Vertreter jener Generation afrikanischer Staatsmänner ist, die an der Spitze antikolonialer Bewegungen für die Unabhängigkeit ihrer Länder kämpften. Außerdem hat er sich als Präsident durchaus Verdienste erworben, etwa im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika oder gegen das Schuldenmanagement des Internationalen Währungsfonds. Gestritten wurde eher formal darüber, ob ein Ex-Politiker bei einem WSF sprechen dürfe. Leider ging dabei weitgehend unter, dass Kaunda eine wirklich gute Rede hielt über den fortdauernden Skandal der Ausplünderung des Südens mittels des Hebels der Verschuldung, und dann sehr persönlich über das in Afrika drängende, aber weithin tabuisierte Thema Aids, der Krankheit, der auch Kenneth Kaundas Sohn zum Opfer fiel.

Während Kaundas Präsenz von vielen verurteilt wurde, empörte die Anwesenheit eines äußerst fragwürdigen Vertreters der Zivilgesellschaft nur wenige, vor allem fast keine EuropäerInnen. Nur viele äthiopische AktivistInnen fanden es skandalös, dass der Patriarch der äthiopisch-orthodoxen Kirche, als einer der Vertreter eines ökumenischen Treffens prominenter afrikanischer KirchenvertreterInnen, die TeilnehmerInnen bei der Auftaktkundgebung begrüßte. Dieser Kirchenmann ist aufs Engste mit dem in Äthiopien herrschenden Regime verbandelt, welches insbesondere seit dem Wahlbetrug im Jahr 2005 immer repressiver agiert. Mit ihrer simplen Dichotomie von den bösen Politikern und der guten Zivilgesellschaft machen es sich manche AktivistInnen etwas zu einfach. Sie sollten zumindest nachfragen, wer für was steht, bevor moralische Keulen geschwungen werden.

Bei den Weltsozialforen in Porto Alegre wurden immer wieder die Großveranstaltungen mit prominenten GlobalisierungskritikerInnen in Frage gestellt. Diejenigen, die damit Probleme hatten, konnten in Nairobi zufrieden sein – die meisten Stars vergangener Foren wie Noam Chomsky, Eduardo Galeano, James Petras, Arundhati Roy, José Bové, Immanuel Wallerstein, João Pedro Stedile oder Leonardo Boff fehlten. Nur Vandana Shiva und Samir Amin waren nach Nairobi gekommen, dazu die beiden afrikanischen FriedensobelpreisträgerInnen Desmond Tutu und die in Kenia beheimatete Wangari Maathai. Ich hatte auch in der Vergangenheit ein eher zwiespältiges Gefühl, wenn die Massen in Porto Alegre zu den Großveranstaltungen strömten, um ihre Gurus zu sehen. Aber andererseits kamen sie ja vor allem, um ihnen zuzuhören. Und zu sagen haben die Ikonen der Bewegung ja wirklich etwas. Wenn etwa Noam Chomsky vor mehr als zehntausend TeilnehmerInnen 90 Minuten ohne jedes Pathos dozierte, dann war das ein Crash-Kurs in Kapitalismus-Kritik, wie es ein deutscher Teilnehmer formulierte. Und Leonardo Boff wusste auch jene ökologischen Zusammenhänge zu erklären, die nicht meinen, dass alles Leben die Schöpfung eines Gottes ist. Und schließlich stießen viele Redner keineswegs auf ungeteilte Zustimmung, sondern riefen, wie etwa James Petras, mit ihren Thesen lebhafte Diskussionen hervor. Vorerst hat eine unheilige Allianz von linken Basokraten und jenen, die radikale Kritik aus dem Weltsozialforum verbannen wollen, erreicht, dass die intellektuellen Highlights diesmal fehlten. 

Positive Entwicklungen gibt es bei den Weltsozialforen zweifellos in der Festigung existierender Zusammenhänge und der Weiterentwicklung von deren Debatten. So nutzten etwa die AktivistInnen, die überall auf der Welt gegen die Privatisierung der Wasserversorgung und deren öffentliche Kontrolle kämpfen, die Weltsozialforen als Treffen der gegenseitigen Information und Weiterentwicklung bzw. Abstimmung ihrer Strategien. Die Phase des noch inhaltsleeren Kennenlernens ist vorbei. Die Seminare und Veranstaltungen auf dem WSF in Nairobi waren durchweg auf einem hohen Niveau, strategisch ausgerichtet und gleichzeitig so offen, dass auch neue TeilnehmerInnen, die naturgemäß diesmal überwiegend aus Kenia und Ostafrika kamen, ihrerseits etwas von den Veranstaltungen hatten. Hier liegt natürlich ein Grundproblem der Weltsozialforen. Wie können Veranstaltungen und Debatten so organisiert werden, dass sie sich weiterentwickeln, gleichzeitig aber die Struktur der Weltsozialforen offen bleibt, so dass neue Leute hinzustoßen können, vor allem solche aus den jeweiligen Regionen, in denen das WSF stattfindet. Lokale Organisationsprozesse und Bewegungen zu stärken und die globalisierungskritische Debatte zu globalisieren, war schließlich der Anspruch, als der internationale Rat des Weltsozialforums 2003 entschied, nicht immer in Porto Alegre zusammenzukommen, sondern die Austragungsorte zu wechseln.

Was mir in Nairobi besonders fehlte, war die Präsenz der Gewerkschaften. Wohl waren europäische Gewerkschaftsdelegationen gekommen, etwa von der IG-Metall und der DGB-Jugend aus Deutschland, ebenso aus Belgien und Frankreich (vermutlich waren weit mehr da, die mir aber nicht aufgefallen sind), aber afrikanische, namentlich kenianische Gewerkschaften, waren nur vereinzelt vertreten. Eine Stärke der Foren in Porto Alegre war die sichtbare Präsenz gewerkschaftlicher Organisationen. Im von der brasilianischen CUT organisierten Zentrum konnten sich GewerkschafterInnen aus den unterschiedlichsten Ländern, aber den gleichen Unternehmen bzw. Branchen kennen lernen, sich gegenseitig über ihre Kämpfe und die Strategien der Multis informieren und gemeinsame Strategien entwickeln. Natürlich kann man Kenia, was Industrialisierung und gewerkschaftlichen Organisationsgrad betrifft, nicht mit Brasilien vergleichen, aber es gibt durchaus eine relevante Gewerkschaftsbewegung, die vom NRO-zentrierten kenianischen Vorbereitungskomitee aber offensichtlich nicht in die Vorbereitung des WSF einbezogen wurde.

Wesentlich stärker als in Brasilien war diesmal die Präsenz der Kirchen, was sicher mit deren Rolle in Afrika zusammenhängt. Vielerorts sind dort die Kirchen die einzigen nichtstaatlichen Organisationen mit realer Massenbasis. Gleichzeitig haben die meisten christlichen Kirchen in Afrika keine Tradition politischer Einflussnahme zugunsten der benachteiligten Bevölkerungsschichten, wie dies etwa in Brasilien der Fall ist. Natürlich gibt es Ausnahmen, es sei nur an die Rolle mancher südafrikanischer Kirchen im Anti-Apartheid-Kampf erinnert. Aber insgesamt waren Afrikas Kirchen in der Vergangenheit vor allem karitativ ausgerichtet. Dies mag sicher dazu beigetragen haben, dass das Forum in Nairobi auf viele TeilnehmerInnen unpolitischer wirkte, als die Veranstaltungen in Porto Alegre und Mumbai.

Insgesamt sehe ich bei den Weltsozialforen eine problematische Tendenz zur Sozialdemokratisierung. Nicht dass sozialdemokratische Parteien sich auffällig in Szene gesetzt hätten – vielmehr war der Einfluss des sozialdemokratischen Mainstreams in Nichtregierungsorganisationen, Hilfsorganisationen und Kirchen allenthalben spürbar. Es geht mir hier keineswegs darum, ins bei manchen AktivistInnen beliebte Klagen über die Macht der NRO einzustimmen, die über ihr Geld (was überwiegend von den Regierungen des Nordens oder Akteuren wie der EU kommt) bestimmte Entwicklungen und Bündnisse dominieren. Mir scheint aber offensichtlich, dass bei Veranstaltungen, bei denen das Kräfteverhältnis zwischen NRO-Profis und organisierten Bewegungen sehr einseitig zugunsten der NRO ausschlägt, die Tendenz besteht, Debatten zu technisieren und damit letztlich zu entpolitisieren. In Porto Alegre und, wie ich gehört habe, wohl auch in Mumbai und in Bamako, war die Balance zwischen VertreterInnen von NRO und radikalen Bewegungsleuten ausgewogen und dadurch auch befruchtend. In Nairobi waren die Bewegungen eindeutig in einer Minderheitenposition.