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Von sauberen Wahlen kann keine Rede sein

Interview mit der honduranischen Journalistin Dina Meza

Am 29. November fanden in Honduras die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen statt, obwohl die Putschregierung von Roberto Micheletti nach wie vor an der Macht ist und daher freie und faire Wahlen kaum möglich waren. Wir haben am 30. November Dina Meza, Menschenrechtsverteidigerin und Journalistin in Honduras, interviewt. Dina Meza wurde 2007 von Amnesty International mit dem Preis für „Journalismus in Bedrohungssituationen“ ausgezeichnet.

Ina Hilse

Es gab viele Gerüchte über einen geplanten Wahlbetrug. Nun hat Pepe Lobo von der Nationalen Partei die Wahlen nach dem vorläufigen Ergebnis mit 56 Prozent gewonnen, während sein Gegenkandidat Elvin Santos von der Liberalen Partei mit 38 Prozent weit abgeschlagen liegt. Wie bewertest du dieses Ergebnis?

Das Oberste Wahlgericht hat bekannt gegeben, dass Pepe Lobo die Wahl gewonnen hat. Der Kandidat der „Partei Innovation und Einheit“ (PINU – sozialdemokratisch), Bernard Martínez, der christdemokratische Kandidat, Felicito Avila, und auch Cesar Ham von der linken Unificación Democrática UD haben nur knapp über 20 000 Stimmen erhalten, das sind zwei bis drei Prozent. Es ist nicht sicher, ob die UD damit überhaupt ins Parlament kommt.

Diese Wahlen sind illegitim und sind von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet. Es gab eine starke Militarisierung und Drohungen gegen die Bevölkerung. Bei einer Demonstration in San Pedro Sula am Sonntag (29.11.), die gewaltsam von Polizei und Militär aufgelöst wurde, wurden 38 Menschen verhaftet. Radiosender, die kritisch berichten, wie Radio Globo, wurden zensiert und haben den ganzen Tag lang nur Musik gesendet. Unter diesen Umständen kann von sauberen Wahlen keine Rede sein.

Wie war die Stimmung in Honduras an diesem Wahlsonntag? 

Die Stimmung war sehr angespannt. Die Putschregierung hat in den letzten Wochen Unmengen an Waffen und Überwachungstechnologie gekauft. Alle BürgermeisterInnen wurden in einem Schreiben aufgefordert, die Mitglieder der Resistencia zu denunzieren. Und es gab eine Anweisung, die Säle in den Krankenhäusern zu räumen. Es gab starke Militärpräsenz in den Straßen und viele Kontrollposten. Und es gab gezielte Repression gegen Mitglieder der Widerstandsbewegung durch Anschläge und Bomben, und mehrere soziale Organisationen wurden durchsucht und Dinge beschlagnahmt. Viele aus der Resistencia sind in diesen Tagen untergetaucht. Das alles hat eine große Angst vor dem Wahltag und dem, was da geschehen könnte, geschürt.

Die Resistencia, Mel Zelaya sowie auch der unabhängige Präsidentschaftskandidat Carlos H. Reyes, der seine Kandidatur zurückgezogen hat, haben zum Wahlboykott aufgerufen und eine „Sperrstunde der Bevölkerung“ (toque de queda popular) deklariert. Wie stark war die Enthaltung?

Nach den Aussagen der Widerstandsbewegung auf ihrer Pressekonferenz am Sonntag liegt die Enthaltung zwischen 65 und 70 Prozent. Die Wahllokale waren leer, nur in einigen wenigen Vierteln in der Hauptstadt wurden sie stärker frequentiert. Die Regierung versucht dennoch, es so hinzustellen, als sei ein Großteil der Bevölkerung wählen gegangen. Nach Aussagen des Obersten Wahlgerichtes lag die Enthaltung nur bei 39 Prozent. Das würde eine Steigerung der Beteiligung um 15 Prozent gegenüber der letzten Wahl im Jahr 2005 bedeuten, bei der die Wahlbeteiligung bei knapp 46 Prozent lag. Das scheint kaum wahrscheinlich.

Micheletti hat am 25. November die Amtsgeschäfte für eine Woche niedergelegt, um so die Wahlen von dem Manko der Illegitimität aufgrund der Putschsituation zu befreien. Gibt es schon Aussagen dazu, ob die Wahlen anerkannt werden?

Es gab WahlbeobachterInnen, das waren rechts orientierte UnternehmerInnen aus ganz Lateinamerika, und von Nichtregierungsorganisationen, denen ein Bezug zur CIA zugeschrieben wird. Außer Panama hat keine Regierung eine Delegation zur Beobachtung der Wahlen geschickt. Dennoch tun die Medien, die dem Putschregime nahe stehen, so, als ob alle Delegationen staatliche Delegationen gewesen seien. Die Anerkennung der Wahlen wird in vielen Fällen davon abhängen, wie die Beteiligung am Ende bewertet wird.

Was ist von einer Regierung unter der Nationalen Partei und Pepe Lobo als Präsident zu erwarten?

Es wird zur Tagesordnung übergegangen werden. Ich glaube, es hat viele Deals unter der Hand gegeben zwischen ihm und der Liberalen Partei. Die Nationalen haben am 28. Juni auch für die Absetzung von Mel Zelaya gestimmt und den Putsch damit unterstützt. Pepe Lobo hat sich in der Tat in einem Moment sehr oberflächlich zur Verfassunggebenden Versammlung geäußert, aber ich gehe nicht davon aus, dass er bereit ist, der Bevölkerung die Macht zu übergeben. Nur eine starke und schlagkräftige soziale Bewegung kann diese Veränderung herbeiführen und erreichen, dass eine Verfassunggebende Versammlung einberufen wird und eine Verfassung ausgearbeitet wird, die den Interessen der Bevölkerung entspricht und nicht denen der Mächtigen. 

Das Interview führte Ina Hilse per E-Mail.