ila

Es geht um Menschenleben

Interview mit Pedro Morazán über den Konflikt in Honduras

Der Ökonom Pedro Morazán musste während der großen Repressionswelle in den achtziger Jahren Honduras verlassen und kam nach Hamburg, wo er sein Studium fortsetzte und promovierte. Er war lange in der Solidaritätsarbeit mit Honduras und Mittelamerika aktiv und ist heute wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Ökonomie und Ökumene Südwind. Außerdem war er von 2001 bis 2004 Mitglied im Koordinationskreis von attac Deutschland. Gert Eisenbürger sprach mit ihm über seine Einschätzung der aktuellen Lage in Honduras.

Gert Eisenbürger

In der ila 291 vom Dezember 2005 hatten wir die Wahl in Honduras mit den Kandidaten Porfirio Lobo von der Nationalen Partei und Manuel Zelaya von den Liberalen als Wahl zwischen zwei Übeln bezeichnet, zwei Neoliberalen, die sich kaum unterschieden. Unsere Autorin meinte damals, der einzige Grund, für Zelaya zu stimmen, sei die Tatsache gewesen, dass Lobo im Wahlkampf vehement für die Wiedereinführung der Todesstrafe eingetreten sei. Als Präsident setzte Zelaya dann einige überraschende Akzente wie den Beitritt zu ALBA oder enge Beziehungen zu Cuba und Venezuela. Ist aus dem Liberalen Zelaya plötzlich ein Linker geworden?

Jein. Die erwähnten Maßnahmen in der Außenpolitik waren eindeutig Schritte in die linke Richtung, insbesondere der Beitritt zu ALBA. Auch wenn das keine grundlegenden wirtschaftlichen Auswirkungen für das Land hat, ist es ein Zeichen der Solidarität der lateinamerikanischen Länder in Zeiten des Neoliberalismus nach Alternativen zu suchen. In der Form der Ausübung seiner Politik im Lande selbst finde ich keine überprüfbaren Nachweise für eine Politik, die die Situation entscheidend geändert hätte. Mel Zelaya hat die Armutsbekämpfungsstrategie zu einem Instrument des politischen Klientelismus genutzt. Er hat keine konsequente Politik der Umverteilung durch eine Reform des Steuersystems eingeführt, er hat keine Schritte in Hinsicht einer tiefgreifenden Landreform unternommen, die dringend notwendig wäre, er hat auch keine Akzente hinsichtlich der Förderung von Mittel- und Kleinunternehmen gesetzt. Insgesamt kann man sagen, dass er keine Strategie zur Förderung von Produktionsformen hatte, die auf eine Alternative zum neoliberalen System in Honduras hindeuten.

Wenn er keine radikaleren Maßnahmen ergriffen hat, warum ist dann seine Liberale Partei in letzter Zeit von ihm abgerückt?

Die Liberale Partei und die Nationalpartei sind von ihren Machtstrukturen her konservative Parteien, es sind die Parteien der Oligarchie, der so genannten grupos fácticos, der mächtigen Wirtschafts- und Finanzkartelle des Landes. In Honduras sind Wirtschaft und Politik sehr stark durchdrungen. Diese Oligarchie ist konservativ ausgerichtet. Von Honduras gingen in den achtziger Jahren die ganzen Militärinterventionen gegen die Sandinisten in Nicaragua aus, die CIA-Operationen, der (Contra-)Krieg niederer Intensität usw. 

Zudem haben die beiden traditionellen Parteien eine lange Tradition, sie sind mehr als hundert Jahre alt. Das sind Strukturen, die sich konsolidiert haben und sehr stark im Bewusstsein der Bevölkerung verwurzelt sind. Allerdings haben sich diese Parteien auf ein bislang gut funktionierendes Rotationsprinzip geeinigt. Ein Abrücken von diesem Konsens, insbesondere was die internationale Positionierung angeht, wird bestraft. Diese Regeln hat Zelaya verletzt.

Man muss allerdings anmerken, dass die Liberale Partei seit Ende der fünfziger Jahre, als sie unter der Präsidentschaft von Ramón Villeda Morales soziale Gesetze in Honduras eingeführt hatte, immer auch einen kleinen linken Flügel hatte, der jetzt praktisch von Mel Zelaya vertreten wird. Ramón Villeda Morales wurde übrigens auch vom Militär gestürzt. 

Der jetzt vom Parlament bestimmte Übergangspräsident Roberto Micheletti gehört auch der Liberalen Partei an. Könnte man den Putsch auch als Machtkampf in dieser Partei sehen?

Es war von Anfang ein Machtkampf, ich würde es allerdings nicht darauf reduzieren. Die Leute innerhalb der Liberalen Partei, die Mel Zelaya von Anfang an unterstützt haben, gehören eindeutig zum linken Flügel. Aber der linke Flügel ist so klein, dass es unter den UnterstützerInnen Mel Zelayas eine Mischung gibt aus Opportunisten, korrupten Politikern und eben diesen engagierten Linken wie z.B. Außenministerin Patricia Rodas, die praktisch diese ganze neue Außenpolitik geprägt hat. Deshalb ist der Machtkampf zwischen Zelaya und Micheletti auch ein Machtkampf zwischen politischen Positionen. Micheletti ist dagegen, dass Honduras eine enge Kooperation mit Venezuela hat, dass Honduras ALBA beigetreten ist, dass Honduras sich so intensiv für eine Wiederaufnahme Cubas in die OAS eingesetzt hat. Micheletti ist in Honduras auch dafür bekannt, dass er die Politik der Repression und der Menschenrechtsverletzungen in den achtziger Jahren aktiv unterstützt hat. Deswegen ist er überhaupt nicht beliebt in der Bevölkerung.

Auf wen hat sich Zelaya gestützt, als er die Unterstützung der Mehrheit der Liberalen verloren hat? Wer ist heute seine soziale Basis?

Man kann das Phänomen Zelaya nicht ohne den Demonstrationseffekt der politischen Prozesse in Bolivien, Ecuador und insbesondere Venezuela verstehen. Die Prozesse in diesen Staaten lösen große Hoffnungen aus, insbesondere in den sozialen Bewegungen. Einer sozialen Bewegung, die lange unter internen Kämpfen, staatlicher Repression, einer rechten Medienlandschaft in den Händen weniger und verschiedenen anderen Aspekten zu leiden hatte. Die linken Kräfte haben sich nach den Konflikten in den achtziger Jahren zum Teil in einer eigenen Partei zusammengefunden, der Unión Democrática. Aber die ist relativ klein und kam bei Wahlen nie über einen Stimmenanteil von fünf Prozent. Eine relative Schlagkraft in der sozialen Bewegung haben traditionell die Bauernbewegung, heute auch die Lehrergewerkschaft, die eine der stärksten Lehrergewerkschaften in Lateinamerika ist und zum Teil auch Arbeitergewerkschaften. Sie haben aber keine führende Persönlichkeit, um eine eigene Dynamik zu entwickeln. Deshalb ergab sich im Laufe der Zeit – und das ist die Schlauheit von Zelaya – diese Symbiose, eine soziale Bewegung, die eigentlich ohne Führung und relativ schwach gewesen ist, mit dem Vertreter einer eher traditionellen Elite, der aus einer konservativen Großgrundbesitzerfamilie kommt und der jahrelang Funktionär der rechten Regierung von Flores Facussé war. Dort war er Direktor des Fondo de Inversión Social (FIS – Sozialer Investionsfonds, der mit Mitteln internationaler Geldgeber soziale Programme durchführt) – von daher datieren auch seine Kontakte zu den bäuerlichen Organisationen. Kurz: Zelaya ist ein Linkspopulist.

Im Konflikt um die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung zeigen sich auf den ersten Blick zahlreiche Parallelen zu Bolivien und Ecuador. Auch dort gab es starke rechte Kräfte im Parlament, die gegen eine Constituyente mobilisierten, unterstützt von den Obersten Gerichtshöfen, deren Richter vor allem den Status Quo im Interesse der Oligarchie verteidigen wollten. Um überhaupt eine Verfassunggebende Versammlung wählen zu könnten, bedurfte es in Ecuador breiter Mobilisierungen. Wo siehst du Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Konflikten in Honduras?

Ich habe den Demonstrationseffekt dieser beiden Länder schon erwähnt. Dort sind Evo Morales und Rafael Correa mit der Forderung nach der Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung im Wahlkampf angetreten und wurden unter anderem auch deshalb gewählt. Die Leute wollten diesen Wandel. Mel Zelaya hatte diese Forderungen nicht, er war, wie du sagtest, mit einem konservativen Programm angetreten. Niemand weiß, wie populär die Forderung nach einer Verfassunggebenden Versammlung heute ist. Es gibt keine repräsentativen Umfragen. Nach meinem Kenntnisstand und meinem Gefühl kann ich nicht erkennen, dass es eine Mehrheit dafür gibt. Zumindest bis vor kurzer Zeit – sagen wir vor einem Monat – war es eine Minderheit, die diesen Prozess unterstützt hat. 

Die Parteibindungen sind in Honduras sehr stark, man ist entweder liberal oder national. Weil Mel Zelaya für die Anhänger der Nationalen Partei ein Liberaler ist und für viele Anhänger beider Parteien einer ist, der mit Hugo Chávez und den anderen Linken in Lateinamerika sympathisiert, stößt er bei vielen Leuten auf Ablehnung, insbesondere in der Mittel- und Oberschicht. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Honduras ein Agrarland ist und dass auch viele Bauern konservativ denken. 

Gleichzeitig gibt es in Honduras eine große Unzufriedenheit darüber, wie Politik gemacht wird und insbesondere darüber, dass eine ganze Gesellschaft unter Ungerechtigkeit und einer ungerechten Verteilung von Ressourcen leidet. Das ist die grundlegende Unzufriedenheit dieser Bevölkerung. Ihr Hauptanliegen ist: Die Mächtigen sollen aufhören weiterhin so Politik zu machen wie bis jetzt. Dann bekommen sie eine Persönlichkeit mit autoritärem Auftreten, die das aus ihren Herzen liest und sich medienwirksam gegen einige Mächtigen stellt. Obwohl er auf die Unterstützung des reichsten Mannes im Lande, Jaime Rosenthal, dessen Sohn zum Kabinett gehört, sowie andere poderes fácticos rechnen kann. Also nicht immer mit dem richtigen Personal, aber er macht und vor allem sagt er das, was die Leute hören wollen. Damit steigt natürlich seine Unterstützung. Es wäre interessant zu erfahren, wie breit seine Basis ist, die ihn heute ausdrücklich und aktiv unterstützt.

Um die Politik, die von Zelaya initiiert wurde, nachhaltig zu machen, muss er allerdings wiedergewählt werden. Wie gesagt, gibt es ein Führungsvakuum. Es gibt keine andere Persönlichkeit in der Linken, die seine Führungsqualitäten hätte. Lateinamerikaner – egal ob von rechts oder von links – sind caudillistas (sinngemäß: wir wollen einen starken politischen Führer – die Red.). Wenn du dir die ganzen politischen Prozesse in Lateinamerika ansiehst, wirst du sehen, dass sie meistens von einem Caudillo, am liebsten einem Macho, vorangetrieben werden. Diese exponierte Führungsfigur soll auch Stärke zeigen. Es gibt sicher Ausnahmen, wie Mauricio Funes in El Salvador, aber grundsätzlich ist das doch die Tendenz und Mel Zelaya ist dafür wie gemacht.

Zum eigentlichen Auslöser des aktuellen Konfliktes in Honduras: Mel Zelaya wollte eine Volksbefragung durchführen, ob im November bei den Präsidentschaftswahlen auch über die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung entschieden werden soll. Das hätte aber doch bedeutet, dass im November auf jeden Fall ein neuer Präsident gewählt wird. Davon hätte Zelaya doch gar nicht profitieren können, weil seine Amtszeit endet, bevor die Verfassunggebende Versammlung überhaupt gewählt ist?

Das ist ein Punkt, der in den meisten internationalen Presseberichten nicht verstanden wird. Die honduranische Verfassung verbietet bisher nicht nur die direkte Wiederwahl eines Präsidenten, sondern eine Wiederwahl überhaupt. Das ist in den meisten lateinamerikanischen Ländern anders. Es gibt zwar häufiger nicht die Möglichkeit einer direkten Wiederwahl, aber bei späteren Wahlen können ehemalige Präsidenten wieder antreten. So war etwa Sanguinetti in Uruguay, wo auch keine direkte Wiederwahl möglich ist, zweimal Präsident, aber eben mit einer Unterbrechung. Zelaya könnte dagegen nach der honduranischen Verfassung nicht noch einmal antreten. Würde aber eine Verfassunggebende Versammlung gewählt werden und eine neue Verfassung verabschieden, die eine Wiederwahl zulässt, könnte er bei den dann fälligen Wahlen kandidieren.

Tatsache ist, dass die Kräfteverhältnisse in Honduras derzeit so sind, dass Mel Zelaya sein Projektes einer Verfassunggebenden Versammlung formell nicht durchsetzen konnte. Das wusste er auch. Das Parlament verweigert ihm dafür die Unterstützung, weil die Abgeordneten darin vor allem sein Bestreben sehen, sich die Möglichkeit einer Wiederwahl zu sichern. Dies ist für Mel Zelaya eine Hürde, die er nicht überwinden kann. Er braucht für die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung die Zustimmung des Parlaments. Er ging daraufhin vor das Verfassungsgericht, das lehnte sein Vorhaben ebenfalls ab. Er konnte auch keine Volksabstimmung darüber ansetzen, das könnte nur das Parlament. Also nennt er das Ganze nicht Volksabstimmung, sondern consulta popular informal, also eine Volksbefragung. Darauf sagten die Abgeordneten, eine solche Befragung sei ungefähr dasselbe wie ein Referendum, und das dürfe die Exekutive nicht durchführen. Das sei eine Verletzung der Verfassung und deswegen habe er sich delegitimiert und könne entmachtet werden.

In dem Konflikt machte das Parlament die (scheinbare) Konzession, grundsätzlich einer Volksabstimmung zuzustimmen. Es hat dafür aber keinen Termin angesetzt. Hätte Zelaya gesagt, ich werde mein Mandat zum vorgesehenen Termin beenden und dann warten, dass die vom Parlament zugesagte Volksabstimmung über eine Verfassungebende Versammlung in absehbarer Zeit stattfindet, wäre der Konflikt beendet gewesen. Er hätte aber darauf hoffen müssen, dass das Parlament sein Versprechen einhält. Wenn er aber erst einmal weg gewesen wäre, hätten die Abgeordneten wahrscheinlich keine Volksabstimmung mehr angesetzt. Da er das als schlauer Politiker wusste, wollte er zusammen mit den sozialen Bewegungen jetzt noch Fakten schaffen und suchte die Kraftprobe mit der Oligarchie. Die hat aber eine reiche Tradition darin, politische Konflikte gewalttätig mit Repression zu lösen. Was nun geschehen ist, ist das, was sich daraus ergeben hat.

Was die Oligarchie allerdings nicht berechnet hat, ist, dass sich die Zeiten geändert haben. Früher hätten die USA sie in einem solchen Fall komplett und sofort unterstützt. Derzeit zögern sie zumindest, Obama hat erklärt, dass er den Machtwechsel nicht anerkennt. Sie haben auch nicht mit einer so massiven Unterstützung der Weltgemeinschaft für Zelaya gerechnet, so dass sie jetzt unter Druck stehen.

Es gibt sehr viele Menschen, die jetzt für Zelaya auf die Straße gehen, weil er ihre Hoffnungen auf einen Wandel verkörpert. Auf der anderen Seite stehen starke Sicherheitskräfte mit einer langen Tradition der Repression. Die große Frage ist heute, ob es einen Weg gibt, die aktuelle Krise ohne unnötiges Blutvergießen zu überwinden. So wie es aussieht, ist die Oligarchie in Honduras bereit, trotz aller internationalen Widerstände, weiter auf der Absetzung Zelayas zu bestehen. Das macht die ganze Situation so gefährlich. Die soziale Bewegung hat dafür keine Strategie und keine Führung.

Du hast jetzt Proteste auf der Straße, aber die sind nicht koordiniert und organisiert. In solchen Situationen muss es zu einer qualitativen Entwicklung kommen. Entweder strukturiert sich der Widerstand und das nicht nur auf die Forderung hin, dass der Präsident wieder eingesetzt wird, sondern richtet sich auf die ursprüngliche Forderung der sozialen Bewegung aus, dass es mehr Gerechtigkeit, dass es Kampf gegen Armut geben muss, dass die korrupten Politiker weg müssen. Dafür gibt es Anzeichen, heute habe ich die Information bekommen, dass sich eine Front gebildet hat, auch von Leuten, die sich vorher nicht für Zelaya engagiert haben. Wenn es keine massive offene Repression gibt, kann man sich vorstellen, dass daraus eine gewisse Entwicklung entstehen kann. Wenn es nicht so kommt, sähe die Perspektive nicht sehr günstig raus.

Zur letzten Frage: Was sind deine Forderungen zur Bei­legung der aktuellen Krise in Honduras?

Die erste, dass man zu einer Deeskalation aufrufen soll, dass man die Armee, die sich bis jetzt eigentlich zurück­gehalten hat, zur Besonnenheit aufruft, dass die Proteste, die es jetzt gibt, die es geben muss, friedlich ausgetragen werden. Das wird, weil es unorganisiert ist, sehr schwer werden – es gibt auch viele Provokateure.

Ohne eine Verurteilung des Putsches und die sofortige Wiedereinsetzung des Präsidenten Manuel Zelaya und seines Kabinetts kann man sich eigentlich keine weiteren Verhandlungen denken. Das sollte allerdings ohne Gesichtsverlust auf beiden Seiten geschehen. Deswegen ist das die zweite Forderung.

Gleichzeitig, und das wäre die dritte, muss garantiert werden, dass Menschenrechte, die jetzt verletzt werden, bedingungslos eingehalten werden. Damit meine ich sowohl das Recht auf Demonstrationsfreiheit als auch die freie Meinungsäußerung. Die ist aktuell stark eingeschränkt, Medien und Sender können nicht berichten, sogar CNN ist ausgeschaltet.

Viertens darf die jetzige Übergangsregierung nicht als legitim anerkannt werden, weil Präsident Zelaya nach seinen Aussagen nicht zurückgetreten ist, wie das der Kongress glauben machen wollte. Selbst wenn er ein Dokument unterzeichnet haben sollte, hätte er das unter Druck getan und es hätte somit keine Gültigkeit.

Fünftens muss der Ausnahmezustand aufgehoben werden und das Militär sofort in die Kasernen zurückkehren, damit der soziale Frieden garantiert werden kann.

Sechstens sollte sich Präsident Zelaya nach seiner Wiedereinsetzung verpflichten, sämtliche Institutionen des Staates zu respektieren, insbesondere den Kongress und das Verfassungsgericht, denn Honduras ist keine präsidiale sondern eine repräsentative Demokratie und laut Artikel IV der Verfassung ist keine Gewalt der anderen untergeordnet. 

Das Problem von Honduras ist nicht nur, dass es sich derzeit in einer Phase fragiler Staatlichkeit befindet, sondern dass es eines der ärmsten Länder Lateinamerikas ist, sehr fragil in Bezug auf Naturkatastrophen. Wir sind jetzt in der Zeit der Hurricans, das Land wurde gerade von mehreren Erdbeben heimgesucht, es gibt die Schweinegrippe-Pandemie, die für viele Institutionen zum Problem wird, und das Land ist immer noch sehr bedroht im Hinblick auf die Nahrungsmittelkrise. Es gab Überschwemmungen, und wenn jetzt nur eine kleine Dürre dazu käme, könnten die Leute ihre Bohnen nicht anpflanzen. Das sind eigentlich Aufgaben der Exekutive, die Präsident Zelaya in den letzten Jahren sehr vernachlässigt hat. Bei allen anstehenden Prozessen und Verhandlungen dürfen die dringendsten Probleme der Ärmsten nicht vergessen werden, das ist das wichtigste überhaupt. Es geht um das konkrete Leben und Überleben von Menschen, was im Moment auf dem Spiel steht.

Das Gespräch führte Gert Eisenbürger am 30. Juni 2009.